Do it! (Aber nicht du)

Es gibt viele gute Gründe, Männern das Tragen von kurzen Hosen zu gestatten. Vor allem natürlich sommerliches Wetter. Denn es ist nicht angenehm, bei 30 Grad in lange Stoffbahnen eingewickelt herumzulaufen und dementsprechend zu transpirieren. Gerade da Männerbeine zusätzlich oft kräftig behaart sind, ist es gewiss unangenehm, wenn nasse, salzgetränkte Haare an hartem Jeansstoff reiben. Vermutlich entstehen dabei üble Hautirritationen, ähnlich schmerzhaft wie der berühmte »Wolf«, den man sich laufen kann. Was also liegt dann näher, als den Männerbeinen Luft und Sonne zu gönnen?
Beim Tragen kurzer Hosen ist jedoch ähnlich wie beim Tragen eines Minirocks einiges zu beachten. Es gibt durchaus Situationen, in denen kurze Hosen nicht angemessen sind. Darum hier der ultimative Style-Guide, damit du schnell abchecken kannst, ob für dich Shorts »Do« oder »Don’t« sind. Kannst du nur einen Punkt unserer »To-Go«-Liste bejahen, dann rein in die kurze Buchse.

Sag laut »ja« zur kurzen Hose, wenn
– du Fußballspieler bist und dir ein Blick in deinen Blackberry sagt, dass du heute ein Spiel oder Training hast. Hier nicht mit kurzen Hosen aufzulaufen, wäre ein Affront gegen deine Mitspieler, der dich ins soziale und sportliche Abseits befördern kann.
– du in einem bayerischen Traditionsverein Mitglied bist und heute zufällig Christi Himmelfahrt, Schützenfest, Dorfbums oder der 70. Geburtstags deines Kameraden ist. Dann gilt: rein in die kurze Hose, aber nimm die Krachlederne (nie Stoffbermudas!) und vergiss die gewalkten Kniestrümpfe nicht. Das eine ohne das andere verfehlt sonst seine wohlkalkulierte Wirkung auf die anwesenden Dirndlträgerinnen.
– du ein Kamerad anderer Art bist: Auch als bekennender Nationalsozialist hast du durchaus die Möglichkeit, hier und dort in kurzen Hosen aufzumarschieren. Beim Sommersonnwendfeuer etwa oder auch bei Besuchen in Chile, Argentinien oder Brasilien wählst du mit der »Halben« die richtige.
– du einfach gegen das grässliche Modediktat bist. Du willst dich nicht mehr dem Massengeschmack beugen, sondern endlich individuelle Kleidung tragen und diese danach aussuchen, wie du persönlich dich heute fühlst. Wenn du dich nicht mehr um die Blicke deiner Umwelt scherst, dann nimm die kurze Hose aus dem Schrank und schlüpf’ in deine ganz persönliche Identität. (Falls du keine Shorts hast, gehen auch Cordhosen, Pullunder, Bademäntel.) Wenn du außerdem der Meinung bist, es sei ungerecht, dass Frauen im Sommer Röcke und Kleider tragen dürfen, du aber keine kurzen Hosen, dann hast du Recht. Als Beginn deiner Kleidungseman­zipation empfehle ich aber zunächst das Tragen von Ballerinas.
– deine Freundin völlig ausgeflippt ist, nur weil du sie mit ihrer besten Freundin betrogen, ihr Konto geplündert und ihre Katze überfahren hast und sie daraufhin deine gesamte Kleidung zerschnitten hat. Sollte sie dabei auch sämtliche Hosenbeine abgeschnitten haben, dann zieh eine der nun kurzen Hosen an, begib dich in den nächsten Bekleidungsladen und kauf dir neue, lange Hosen. Es gibt kaum eine günstigere Situation, in der du, ohne weiter darüber nachzudenken, in kurzen Hosen herumlaufen darfst. Nachdenken solltest du dann zuhause – aber lang und gründlich.
– du Angus Young heißt und Leadgitarrist bei AC/DC bist.
– du in Berlin-Mitte wohnst, ein Cabrio von Saab geleast hast, deine Wohnung so teuer wie schein­bar exklusiv ist, deine Freundin gerne bei »Department Store« einkauft und du mit ihr am Sonntagnachmittag golfen warst und ihr danach noch auf einen Kaffee in die Sophienstraße gehen wollt. Dann bist du mit Slippern und kurzen Hosen richtig angezogen. Allerdings sollten es in diesem Fall nicht die ganz kurzen Hosen sein, sondern solche, die knapp (ganz knapp) übers Knie reichen und auf alle Fälle kariert sein müssen – dezent, versteht sich.
– du im Urlaub oder im Garten bist, keinen Besuch erwartest und die Nachbarn mindestens die nächsten 24 Stunden nicht da sind, wenn also niemand außer deiner Freundin oder deinem Freund anwesend ist und diese oder dieser dir das Tragen kurzer Hosen ausdrücklich erlaubt hat.
– du eines der seltenen männlichen Exemplare bist, die diese äußerst wohlgeformten Beine haben, die mit den weichen, hellblonden Härchen, die im Sonnenlicht flimmern, wenn du auch sonst einfach gut gekleidet bist, dann darfst du kurze Hosen tragen, trage sie und sieh darin so umwerfend gut aus wie auch in allen anderen Extravaganzen, die du dir leisten kannst. Du, geneigter Leser, bist es übrigens nicht. Sonst läge nämlich jetzt die Fashion World vor dir. Und nicht die Jungle World. Ehrenwort.