Bad Banks im internationalen Vergleich

Im Schnitt pleite

Bad Banks sollen die Banken in zahlreichen Ländern retten. Keines der vorgestellten Modelle taugt dazu, den Finanzsektor grund­sätzlich zu verändern.

Kaum hat die Bundesregierung sich auf einen Gesetzentwurf für die Einführung von Bad Banks geeinigt, steigen die Aktienkurse der Geldinstitute wieder. Das ist kein Wunder. Nach dem deutschen Modell können Banken ihre wertlosen Papiere zu einem überhöhten Buchwert in Zweckgesellschaften auslagern. Externe Sachverständige sollen dann einen Verkehrswert festlegen. Darauf erfolgt noch ein zehnprozentiger Risikoabschlag, um einen so genannten Fundamentalwert zu ermitteln. Dieser Abschlag muss von den Banken sofort abgeschrieben werden. Die Differenz zwischen Buch- und Fundamentalwert soll die betreffende Bank dann über einen Zeitraum von 20 Jahren in Raten an den Rettungsfonds Soffin zahlen.
Am Ende geht es also nicht nur um eine Auslagerung riskanter Wertpapiere, sondern darum, mittels eines Buchungstricks Werte festzuschreiben, die in Wirklichkeit überwiegend gar nicht mehr existieren.

Entsprechend harsch fallen manche Reaktionen auf den Gesetzentwurf aus. »Abenteuerlich«, schimpft etwa Hendrik Enderlein, Professor für politische Ökonomie an der Hertie School of ­Governance, und stellt fest: »Deutschland ist das einzige Land, das eine Bank-Bank einführt, ohne dass die betroffenen Institute verstaatlicht oder teilverstaatlicht sind. Wir machen den Banken sehr großzügige Geschenke, ohne die einige von ihnen wohl kaum überleben könnten. Doch Gegen­leistungen fordern wir keine ein.« Zudem sei unklar, wie Buchwert und Fundamentalwert der ausgelagerten Wertpapiere festgestellt würden. Doch von dieser Einschätzung hänge »die finanzielle Tragfähigkeit des Plans« ab.
Auch der Präsident des Münchener Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, weist in einem Gastbeitrag für die Wirtschaftswoche darauf hin, dass erst ein geringer Teil der tatsächlich notwendigen Wertberichtigungen von den Banken vorgenommen wurde. »In den Bilanzen der deutschen Banken stehen die strukturierten Papiere heute großenteils noch zu wesentlich höheren Werten als den Marktwerten«, schreibt er. Die Banken hätten bei ihrer Bilanzierung einen »erheblichen Gestaltungsspielraum«. Würden die deutschen Banken die nach Ansicht des IWF notwendigen Abschreibungen tatsächlich vornehmen, wären sie »im Durchschnitt pleite«, sagt Sinn.
Inoffiziell liege der Bestand deutscher Banken an riskanten Papieren bei 800 Milliarden Euro, betont Sinn, und bezieht sich dabei auf Presseberichte. Der Eigenkapitalbestand der konsolidierten Bankenbilanz betrage hingegen nur etwa 300 Milliarden Euro. »In der Tat ist zu befürchten, dass der Steuerzahler bei den Bad Banks draufzahlen wird, denn da die Beteiligung freiwillig ist, werden die Banken nur mitmachen, soweit sie sich davon Vorteile erhoffen.« Bei den Bad Banks handele es sich um Konstrukte, »bei denen den Banken in versteckter Form Mittel geschenkt werden«, meint Sinn, der im Verlauf der Krise seine soziale Ader entdeckt haben muss, glaubte er doch noch vor ein paar Monaten, die Manager mit einem obskuren NS-Vergleich in Schutz nehmen zu müssen.
Dass schon seit längerem Bad Banking betrieben werde, stellt der Kölner Publizist Werner Rügemer fest und kritisiert, dass »die bisherigen Finanzpraktiken unangetastet« blieben, selbst wenn von Enteignung die Rede sei. »Bestenfalls werden (halbherzige) Auflagen beim Einkommen der Spitzenmanager gemacht. Dies gilt in den USA und in Großbritannien, aber auch in Deutschland, so bei der Commerzbank (Staat mit 25 Prozent als Hauptaktionär) und bei der Hypo Real Estate.« Die vermeintlichen Enteignungen etwa in den USA oder Großbritannien hatten bisher allenfalls zur Folge, dass der Staat die Risiken übernahm.

Die Modelle für Bad Banks, die zurzeit etwa in der Schweiz, in Irland, Großbritannien und den USA präferiert werden, dürften daran nichts Grundlegendes ändern. So gründete die Schweizer Notenbank zur Rettung der kriselnden UBS im Herbst 2008 eine Zweckgesellschaft, die wertlos gewordene Papiere im Wert von bis zu 60 Milliarden Dollar übernehmen soll. Um das Ganze zu finanzieren, bekam die Zweckgesellschaft einen Kredit der Notenbank über 54 Milliarden. Zusätzlich stattete die UBS die Zweckgesellschaft mit sechs Milliarden Euro Eigenkapital aus. Dieses Kapital wurde von der SNB zum symbolischen Preis von einem Dollar übernommen. Damit sollen erste mögliche Verluste bei der Verwertung der übernommenen Aktiva ausgeglichen werden.
Die Notenbank übernimmt bei diesem Modell vollständig die Kontrolle über die Bad Bank. Geführt wird die Zweckgesellschaft aber von der UBS. Schon wird heftig darüber diskutiert, wann und zu welchen Bedingungen sich der Staat wieder aus der Verantwortung zurückziehen kann, da einiges darauf hindeutet, dass das Geschäft erheblich teurer werden könnte als geplant.
Anfang April hat die irische Regierung ihr Konzept einer Bad Bank vorgelegt. Danach kauft eine Verwaltungsgesellschaft unter Staatsregie risikobehaftete Kredite bis zu 90 Milliarden Euro von den Banken. Die Kredite werden mit einem erheblichen Abschlag auf den Buchwert abgenommen. Im Gegenzug reicht man Staatsanleihen an die Geldinstitute. Die Banken in Irland leiden vor allem unter Krediten, die während des Immobilienbooms der vergangenen Jahre vergeben wurden und nun auszufallen drohen. Plötzlich steckt die irische Wirtschaft, die in den letzten zehn Jahren tatsächlich kontinuierlich gewachsen war und noch vor kurzem als »keltischer Tiger« gepriesen wurde, in einer tiefen Rezession. Die Haushaltsbilanz der Regierung dürfte in diesem Jahr extrem negativ ausfallen. Zwei quasi bankrotte Großbanken, die Allied Irish Bank und die Bank of Ireland, haben im Zuge der Finanzkrise bereits 3,5 Milliarden Euro vom Staat erhalten. Mit Blick auf Berichte über einen neuen finanziellen Engpass der bereits verstaatlichten Anglo-Irish Bank räumte der irische Finanzminister Brian Lenihan ein, die jüngsten Verluste des Insti­tuts seien »etwas größer als erwartet«.

Die USA beziehen bei ihrem Modell private Investoren mit ein. Die Regierung gründet Fonds und stattet sie mit finanziellen Mitteln aus. Zusätzlich sollen dafür private Beteiligungen eingeworben werden. Diese Fonds, die auch selbst Mittel am Kapitalmarkt aufnehmen könnten, sollen Risikopapiere ersteigern. Auf diese Weise will die US-Regierung das Problem der Preisbildung für solche Papiere über den Markt lösen.
Insgesamt will die Regierung die Banken mit ihrem Hilfsprogramm um Risiken von 500 Milliarden Dollar bis einer Billion Dollar entlasten – was nach den Zahlen des IWF für die USA nicht bedeuten würde, dass damit die möglichen Verluste vollständig abgedeckt wären. Im Juni soll die US-Einlagensicherung FDIC nach den Vorstellungen der Regierung in einem Pilotverkauf problembehaftete Wertpapiere anbieten und den Investoren bei der Finanzierung mit Garantien behilflich sein, hieß es vorige Woche. Damit erhalten Investoren eine legale Möglichkeit, die strengen Auflagen des »Bankenrettungspaket« TARP zu umgehen – etwa bei den Managergehältern.
So erweisen sich letztlich die verschiedenen Konzepte für Bad Banks als Mittel, die Spekulationen im Bankensektor ohne nennenswerte grundsätzliche Veränderungen festzuschreiben. Auch die vermeintlichen »Enteignungen« entpuppen sich als Maßnahmen, um das Eigentum zu schützen – anders als jene vermuten, die »den Neoliberalismus« am Ende wähnen.