20,8

Warum sind Franz Müntefering und seine Sozis eigentlich so traurig? Betrübt es sie etwa, dass die Medien von einem »historischen« Tiefstand sprechen? Sicher, schön ist das nicht. Aber immerhin hat die SPD seit der Europa-Wahl 2004 nur weitere 0,7 Prozent der Wählerstimmen verloren. Und das, obwohl die Linkspartei, ihr Alter ego, rund sechs Prozent mehr verbuchen kann. Also Schluss mit dem Gejammere, es hätte noch viel schlimmer kommen können als 20,8 Prozent! Und schließlich hatte man fünf Jahre Zeit, um sich daran zu gewöhnen, dass es um den eigenen Zustand nicht optimal bestellt ist.
Nimmt man die deutschen Ergebnisse zur Europa-Wahl schlicht als Zeichen für die Bundestagswahl im September, so könnte man schließen: Angela Merkel bleibt Bundeskanzlerin und könnte zusammen mit der FDP sogar fast die absolute Mehrheit erhalten. Die SPD ist durch. Die Linkspartei gewinnt außer im Lande Lafontaines, verglichen mit den vergangenen Wahlen, keine Stimmen mehr hinzu. Die echten Sozialdemokraten scheinen sich in der Krise nicht zu mehren.
Grüne und FDP liefern sich ein munteres Kämpfchen um den Sieg im unteren zweistelligen Segment. Gewinnt die »Wirtschafts­kompetenz« der Liberalen, die bald wohl einen freien Markt für Konjunkturpakete fordern dürften? Oder gewinnt der »Wums« der Grünen? Egal, die Parteien sind sich mit den Jahren ohnehin immer ähnlicher geworden. So ähnlich, dass die Süddeutsche Zeitung schon ernsthaft und wohlmeinend empfiehlt, die beiden Parteien sollten doch ihre »gegenseitige Abneigung endlich überwinden«. Die Wählerschaften ähnelten sich ohnehin schon: »Man verreist gerne, schickt seine Kinder in gute Schulen, ernährt sich gut und teuer, lebt in Maßen umweltbewusst, ist kulturell und gesellschaftlich interessiert.« Vor allem aber, so geht es nicht ganz sinngemäß weiter, schätzten sie die Freiheit derer, die gut verdienen und das, Krise hin oder her, auch weiterhin tun wollen. Bei einem »gemeinsamen Projekt«, wie es die SZ empfiehlt, wäre die SPD schnell abgehängt, in Berlin sogar auch die CDU. Und wer will nicht Guido Westerwelle und Claudia Roth einmal zusammen in einem lustigen Gefährt durch die Lande zockeln sehen?