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Jungle World-Leser kennen Peter O. Chotjewitz als Autor der ersten Stunde. Sein 1999 veröffentlichter Roman »Das Wespennest« über Kriegs- und Nachkriegszeit im hessischen Provinzkaff Hofacker erschien zuerst als Fortsetzungsroman in unserer damals noch blutjungen Zeitung. Jedes Kapitel endete mit atemberaubenden Cliffhangern, und wenn die Feuilletonredakteurin dann nachfragte, wie es nächste Woche weitergeht, bekam sie zur Antwort: »Das wüsste ich auch gern.«
Dass ein Schriftsteller, dessen Name seit »Die Herren des Morgengrauens« in jedem guten Literaturlexikon steht, für die honorarschwache Jungle World schrieb, war damals eine kleine Sensation; dass er es heute immer noch tut, ist eine große. Weitere Fragen? Eigent­lich keine, seit Chotjewitz im vergangenen Jahr den ersten Teil seiner geplanten Memoiren bei uns veröffentlichte. Geboren am 14. Juni 1934 in Berlin als Malermeister- und Kontoristinnensohn. Wannsee, Süd­hessen, Lehre, Jurastudium, Frankfurt, Publizistik, FU Berlin, Rom, Villa Massimo sind Stationen seines Lebens. Heute trifft man ihn entweder in Stuttgart oder in der Eifel an, und zwar im dreiteiligen Anzug, dazu Hut, Querbinder und Spazierstock. Man muss sich Peter O. Chotjewitz als einen kompliziert gekleideten Herrn vor­stellen, dessen schnoddrige Art zu erzählen im schönsten Kontrast zu seiner dandy-eleganten Erscheinung steht. Legendär seine Aufforderung an die Damen und Herren Redakteure, denen er seine Texte mit allergrößter Lässigkeit überantwortet: »Macht damit, was ihr wollt.« Chotjewitz ist nicht nur der bestgekleidete Autor dieser Zeitung, er ist auch der Meister des anekdotischen Erzählens, und zwar in Wort und Schrift.
Eine berühmte Anekdote allerdings wirft Fragen auf. Sie handelt davon, wie der junge Chotjewitz einmal in einer Berliner Szene-Spelunke namens »S-Bahn-Quelle« auf ganz besonders nette Art Andreas Baader entwaffnete. Ob es sich dabei wirklich um die historische Wahrheit handelt, ist unklar, denn leider ist die Geschichte vom Schwachwerden harter Männer bisher nur mündlich überliefert. Warten wir also ab, was demnächst die Memoiren sagen.
Wir sagen: Herzliche Glückwünsche zum 75. Geburtstag.