Ein Komiker gegen Berlusconi

Eine neue storia italiana

Ein italienischer Komiker will Berlusconi herausfordern.

Es könnte erneut eine merkwürdige italienische Geschichte werden. Ein sehr bekannter Mann, der einen guten Job hat und ziemlich viel Geld verdient, beschließt, in die Politik einzusteigen. Konkrete Erfahrung mit ihr hat er nicht, aber über die miserablen Zustände in der italienischen Politik reden, das kann er gut. Er ist amüsant, provokant und furchtbar populär.
Hört sich das nicht an, als hätte man das alles bereits vor 15 Jahren erlebt? Damals gründete der Mailänder Medienunternehmer Silvio Berlusconi eine Partei, um sich vor der ihm drohenden Verfolgung durch die Justiz zu schützen, und wurde Ministerpräsident.
Nun will der Starkomiker Beppe Grillo mit dem witzigen genuesischen Akzent es ihm offenbar nachmachen. Allerdings mit einem wesentlichen Unterschied zum erfolgreichen Vorbild. Grillo hat keine eigene Partei. Er will zum Vorsitzenden des Partito Democratico werden, den er zutiefst verachtet und seit Jahren öffentlich wegen seiner wirkungslosen Opposition kritisiert. Die Parteiführung verweigerte ihm allerdings vergangene Woche sogar den Mitgliedsausweis. Das klingt alles absurd genug, um eine neue »storia italiana« zu werden, wie Berlusconi damals seine Aufstiegsgeschichte in einem Werbeheft nannte.
Bekannt ist Grillo seit den achtziger Jahren für seine Satireshows. Darin schimpft er in stundenlangen Monologen auf korrupte Politiker, dubiose Unternehmen, Finanz- und Umweltskandale sowie alles, was die italienische Tagespolitik zu bieten hat. Seit einigen Jahren hat dieser italienische Michael Moore nun auch eine politische Mission, die sich unter dem Stichwort der »Moralisierung« der italienischen Politik beschreiben lässt. Er initiierte Listen, auf denen sich Bürger auf lokaler Ebene für eine »Politik von unten« einsetzen. Fünf Punkte hält er dabei für ausreichend, um frischen Wind in die italienische Politik zu bringen: Wasserversorgung, Umweltschutz, öffentlicher Verkehr, »nachhaltige« Entwicklung und erneuerbare Energien. Ein Beispiel dafür, was der Komiker unter einer »Politik von unten« versteht, lieferte 2007 der »Leck-mich-am-Arsch-Tag«, zu dem Zehntausende Italiener mit einer einzigen, aber klaren Forderung gegen »die da oben« zusammenkamen.
Seine moralisierenden Botschaften verkündet der Volkstribun auf seinem Internetblog, das von der US-amerikanischen Wirtschaftszeitschrift Forbes Anfang des Jahres als eines der einflussreichsten Weblogs weltweit bezeichnet wurde. Ob diese Popularität reichen wird, um Berlusconis Medienmacht herauszufordern? Grillo scheint jedenfalls davon überzeugt zu sein, dass die Klicks auf seinem Blog einer Legitimation durch »das Volk« entsprechen.