Im Kiefernwald

Als »First Light’s Freeze« (2005) erschien, das zweite Castanets-Album von Raymond Raposa, durfte man sich durchaus fragen, was das ist: Gothic-Folk? Musik gewordene Literatur vom Schlage eines Denis Johnson? In den Texten heulten die Geister der Einsamkeit, fernab aller Hoffnung. Manche Songs bewegten sich, schwer wie Blei, keinen Zentimeter von der Stelle. Und Raposas Stimme klang erwartungsfroh und doch wie aus einem Grab.
Der sporadische Einsatz einer Drummachine und spiralförmig gewundene Synthie-Sounds entfremdeten nicht wenige Stücke von ihrer Ur-Referenz, dem Folk-Song. New Weird Americana nannte man das damals. Und heute? Heute ist Raposa immer noch ein Geheimtipp, trotz weiterer hervorragender Castanets-Alben.
»Texas Rose, The Thaw & The Beasts«, das jüngste Werk, klingt wieder so, als sei es in einem Nadelwald produziert worden, nur ist es dieses Mal kein Tannenwald, sondern einer aus Kiefern. Es gibt mehr lichte musikalische Momente denn je. In Raposas mit sehr viel Kehle gesungener Grabesstimme liegt so etwas wie innerer Frieden. Nahe dran an »good old Nashville« ist mancher Song, die Produktion stellenweise klar wie ein Gebirgsbach. Besonders bemerkenswert ist die Nummer »Lucky Old Moon«. Dass Raposa einmal Folk, Vangelis und Genesis zusammenbringen würde, damit war nicht unbedingt zu rechnen. Ein Song nahe am Kitsch, aber nicht zu nah.

Castanets: Texas Rose, The Thaw & The Beasts (Asthmatic Kitty/Soulfood/Triton)