Gefährliche Geistliche

»Verleugnung, Arroganz und Vertuschung« prägten in den Jahren 1975 bis 2004 die Reaktion der Kirchenführung auf Vorwürfe, Geistliche hätten Kinder vergewaltigt. Das stellte der am Donnerstag vergangener Woche veröffentlichte Bericht der Kommission zur Untersuchung der katholische Erzdiözese von Dublin fest. Häufig seien Geistliche schlicht versetzt worden, was es ihnen auch ermöglichte, neue Opfer zu finden. Auch der Vatikan war nicht an einer Aufklärung interessiert, eine Anfrage der Kommission wurde nicht beantwortet, angeblich weil sie nicht auf dem korrekten diplomatischen Dienstweg gestellt wurde. Hilfreich war bei der Vertuschung die Polizei, die bei Anzeigen häufig keine Untersuchung einleitete, sondern den Fall nur der Kirchenführung meldete. Die Kommission untersuchte 320 Vorwürfe gegen 46 Geistliche, eine beachtliche Zahl, zumal wahrscheinlich viele Vergewaltigungen nicht angezeigt wurden. Elf Geistliche haben gestanden oder wurden rechtkräftig verurteilt, die Bewertung der juristisch ungeklärten Fälle gehörte nicht zu den Aufgaben der Kommission.
Obwohl die Kirche sich bereits 153 n. Chr. mit dem Problem beschäftigen musste, sind institutionelle Reformen bislang ausgeblieben. Auch in Irland geht die Kirchenführung nach einigen Worten des Bedauerns nun zum Gegenangriff über. Bischof Willie Walsh klagte, viele wollten »einen Kopf auf einem Tablett« sehen, in Limerick solidarisierten sich 80 Geistliche und Gemeindemitglieder mit Bischof Donal Murray, dem in dem Bericht »unentschuldbares« Verhalten vorgeworfen wird. Wenn überhaupt, kann nur öffentlicher Druck sowie die Aussicht, hohen Schadenersatz zahlen zu müssen, die Geistlichen zu einem Minimum an Verantwortungsbewusstsein erziehen. In Irland gab es 1994 die erste öffentliche Debatte über vergewaltigende Geistliche, nach 1996 ist nach Angaben der Kommission eine Besserung eingetreten, weil eine neue Kirchenführung die Vorwürfe ernster nahm.   js