Dreh mal lauter!

Es gab Zeiten, da gehörten Ohrenklingeln und vorübergehende Taubheit dazu, wenn man Bands live anguckte, und wer das nicht so toll fand, der stellte sich eben etwas weiter weg. ­Irgendwann allerdings begannen die selbsternannten Leute-Beschützer mit Kampagnen wider laute Musik, und obwohl das Lieblingsargument aller Verbieter – Rücksichtnahme auf zarte Kinderseelen oder zur Not auch -ohren – bei diesem Thema ausnahmsweise kaum eingesetzt wurde, hatten die Dezibel-Fundamentalisten schließlich Erfolg, und fortan bestimmten Ordnungsamt und eingebaute Limiter über die Lautstärke. So weit, so unschön. Aber noch kann man sich die Ohren selbstbestimmt vorm Rechner sitzend ruinieren. Am allerbesten geht das mit Shredding, das früher verächtlich »Gitarrengewichse« hieß, mittlerweile aber zur eigenen Youtube-Kategorie aufgestiegen ist. Shredding bedeutet: So schnell Gitarre spielen, wie es irgendwie geht. Heraus kommt ein Sound, wie er auf Siebziger-Jahre-Alben gern gepflegt wurde, damals, als man noch dachte, dass jedes Bandmitglied sein Solo haben müsse, wegen der Gleichberechtigung oder so. Die schnellschrillen Gitarrentöne, die später Markenzeichen für Heavy Metal und Grunge werden sollten, beherrscht übrigens, so befand das Guitar One-Magazin im Jahr 2003, am allerbesten Michael Angelo Batio, unter anderem Ex-Mitglied von Holland, einer Metalband aus Chicago, und später Mitwirkender an einer Platte mit dem prorammatischen Titel »Proud to be loud«, weswegen Batio, obwohl mittlerweile Mitwirkender bei unzähligen Werbejingles, kein ganz schlechter Mensch sein kann. Denn, machen wir uns nichts vor: Alles ist gut, was geeignet ist, die ultralang­weilige Ohrenschützer-Blase anzupissen, weswegen eben auch Shredding eine prima Sache ist. Solange man nicht vergisst, den Lautstärkeregler ganz nach oben zu ziehen, natürlich.