Berlin Beatet Bestes, Folge 31

Lässig bekloppt

Berlin Beatet Bestes. Folge 31. Alf Newman, It’s A Gas (1966)

So sehr ich die Platten, die ich auf »Berlin Beatet Bestes« poste, liebe, ich weiß doch, dass sie kein cooler »Trash« sind, sondern regelrecht Müll. Die meisten dieser Privatpressungen, Billiglabelcoverversionen und Nonsensplatten werden, so sonderbar sie auch sein mögen, nie cool sein. Weil sie aus Deutschland kommen, und weil wir nun mal nicht cool sein können. Egal was wir von uns selbst halten und wie sehr wir uns in die Tasche lügen, sobald man über die Landesgrenzen hinausblickt, findet uns niemand mehr cool. Abgesehen von Beethoven-, Nietzsche- und Adolf-Hitler-Fans. Wir sind immer noch die Bad Guys. Das wussten schon die ersten Rock’n’Roll- und Beat-Fans der fünfziger und sechziger Jahre. Sobald ein Rock’n’Roll-Song einen deutschen Text bekam, geriet er in die Nähe des Schlagers und wurde zu Müll. Wurde unlässig wie Peter Kraus, Herbert Grönemeyer und Jochen Distelmeyer. Rock’n’Roll war amerikanisch und musste auf Englisch gesungen werden. Fertig. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Bis auf Rammstein, die das deutsche Bad-Guy-Image ausbeuten, und die Scorpions gibt es keine deutsche Rockband, die Weltgeltung hat.
In der ganzen deutschen Rockmusik der sechziger Jahre gibt es zum Beispiel keinen einzigen Song, der vergleichbar wäre mit der primitiven Beklopptheit von »It’s A Gas«. Und auch keinen einzigen deutschen Rock’n’Roll-Song in den ganzen sech­ziger Jahren, der auch nur ansatzweise so lustig wäre, wie es dieser amerikanische Song sogar nach 48 Jahren noch ist. Natürlich gibt es viele lustige deutsche Lieder, aber keines, über das die ganze Welt lachen kann. Dabei ist »It’s A Gas« ein Rock’n’Roll-Song für Kinder, veröffentlicht erstmals 1962 auf einer Schallfolie des MAD-Magazins. An diesen Song können sich alle amerikanischen Kinder und Teenager, die die frühen sechziger Jahre miterlebt haben, erinnern, denn der Gag des Songs besteht in der Wiederholung sich steigernder Rülpser. Begleitet von einem coolen Rock’n’Roll-Sound. Das ist so stumpf, so beiläufig lässig rockend und so lustig, das konnte nur in Amerika entstehen: A-wop-bop-a-loo-bop-a-lop-bam-boom!
Genau so wie das MAD-Magazin selbst. Verglichen mit der irren Verspieltheit und rücksichtslosen Frechheit der MAD-Zeichner waren die deutschen Cartoonisten schlaff. MAD-Zeichner wie Jack Davis, der außerdem Dutzende von Plattencovern gestaltete, gab es nur in den USA. Die erste Ausgabe des deutschen MAD-Magazins erschien 1967. Nach der 32. Ausgabe wurde Herbert Feuerstein Chefredakteur, auf ihn gehen populäre MAD-Ausdrücke der siebziger ­Jahre wie »lechz« und »würg« zurück.
Der Illustrator des Covers dieser deutschen Pressung von 1966, die auf dem Independent-Label Golden 12 erschien, war offensichtlich mit der Figur Alfred E. Neumann nicht vertraut und hat sich die Freiheit herausgenommen, ihr vier Augen zu zeichnen. Die Single hat übrigens meine Freundin mal vor Jahren, bei einer unserer wenigen gemeinsamen Flohmarktbesuche, aus einer staubigen Kiste gefischt: »Andi, das könnte was sein, oder?«