Berlin Beatet Bestes, Folge 34

Eine Sängerin aus Deutschland

Berlin Beatet Bestes. Folge 34. Fasia: An meinen amerikanischen Brieffreund Jonny (1969).

Bisher habe ich an dieser Stelle nur über Künstler geschrieben, deren Platten ich zuvor auf meinem Blog gepostet habe. Im Fall von Fasia habe ich bisher davor zurückgeschreckt. Dabei gibt die Geschichte von Fasia Jansen so einiges her, die Sängerin gehört immerhin zu den wichtigsten afrodeutschen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts.
Als uneheliche Tochter des liberianischen Generalkonsuls Momulu Massaquoi und des Kindermädchens Elli Jansen 1929 in Hamburg geboren, wächst sie gegen alle rassenwahnsinnigen Anfeindungen als Hamburger Deern auf. 1940 wird sie in das Gesundheitsamt bestellt, wo man ihr eine Spritze verabreicht, vermutlich um sie zu sterilisieren. Wenige Tage später wird sie schwer krank, einer zweiten Aufforderung des Gesundheitsamtes folgt sie nicht. Die Familie hat immer vermutet, dass diese Injektion die chronische Herzkrankheit Fasias ausgelöst hat, an der sie Zeit ihres Lebens litt.
1944 wird sie gezwungen, in der Küche der Außenstelle des Konzentrationslagers Neuengamme zu arbeiten. Eine prägende Erfahrung, die dazu beiträgt, dass sie sich später in der Friedensbewegung engagiert.
Nach dem Krieg stößt Fasia als Teenager in Hamburg auf einen Arbeiterchor der FDJ und schließt sich der Gruppe an. 1953 wird Oberhausen ihre neue Heimat. Bekannt wird sie dann, als sie Anfang der sechziger Jahre auf Ostermärschen auftritt. Der Songschreiber Gerd Simmer schreibt erste Lieder für sie, die auf der dritten EP des Dortmunder Labels Pläne, »Ostersongs 1962/63«, veröffentlicht werden.
»Du machtest Politiker mächtig, was du sahst, war ein Fernsehspiel. Du konntest das Unheil bannen, du konntest sie drängen zum Ziel. So wachte ich auf voll Schrecken. Ich beschloss: Es kommt nie dazu. Ich beschloss: Man muss Frieden machen. Und nichts anderes versuch ich zu tun.« (»Weltuntergangsblues«, 1963)
Eine weitere, bislang ebenfalls nicht wiederveröffentlichte Platte von Fasia ist die Single »An meinen amerikanischen Brieffreund Jonny« (1969). Zu beatigem Schlagzeug und Gitarrensound trägt Fasia dieses Anti-Kriegslied vor:
Hey Jonny, der Mann, der den Befehl gab, soll morgen schon nach Hause gehen. Jonny, denkst du nicht an deine Heimat, ich hab Vietnam brennen sehn. Oh Jonny, wo du fliegst, da fliegt die Trauer, ob brennendes Fleisch dein Herz nicht rührt. Siehst du nicht das Reisfeld, die Frau und den Bauern, auch Kinder sind am Napalm krepiert.
Während der sechziger, siebziger und achtziger Jahre tritt Fasia als Friedensaktivistin auf vielen internationalen Festivals und Bühnen auf. Für ihr politisches und soziales Engagement wird sie zur Ehrenbürgerin der Stadt Oberhausen ernannt und erhält das Bundesverdienstkreuz. Am 29. September 1997 stirbt Fasia Jansen nach langer Krankheit in Oberhausen. Freunde und Familie haben 1998 die Fasia-Jansen-Stiftung gegründet und 2004 das Buch »Fasia – Geliebte Rebellin« herausgebracht. Außerdem hat das Label Pläne einige ihrer schönsten Titel auf CD wiederveröffentlicht.