John Wayne konnte auch singen

Wayne’s Talking

Das musikalische Vermächtnis John Waynes ist jetzt auf einer umfassenden Tribute-Veröffentlichung zugänglich.

In den Anfangsjahren von John Waynes Karriere wurden die Filme mit kleinem Budget billig produziert. Aufwändige Filmmusiken, die eigens für die Produktion hätten komponiert und eingespielt werden müssen, konnte man sich nicht leisten, deshalb wurde oft auf bestehendes Material zurückgegriffen, und es kam vor, dass in John-Wayne-Filmen Lieder eingesetzt wurden, die schon in anderen Filmen Verwendung gefunden hatten.
John Wayne war eine US-amerikanische Institution, ein Star, der ähnlich funktionierte wie Madonna heute und der als cleverer Unternehmer seine Machtstellung im Starsystem ständig ausbaute. Er arbeitete nicht nur als Schauspieler, sondern war zugleich, wenn auch mit mäßigem Erfolg, Filmproduzent und Regisseur und legte eine der langlebigsten Hollywoodkarrieren überhaupt hin. 50 Jahre stand er vor der Kamera, und drei Dinge, so wollte es der Meister selbst, waren es, die die Welt am Ende über die Zentralfigur des amerikanischen Kinos im Gedächtnis behalten sollte. »Er war hässlich, er war stark, und er hatte Würde« waren die Worte, die er für seinen Grabstein vorgesehen hatte.
Wayne wurde 1907 unter dem Namen Marion Robert Morrison in Los Angeles geboren, studierte Jura und Wirtschaft und war ein besessener Football-Spieler. Er jobbte als Requisiteur und Komparse und spielte bald kleine Filmrollen, zunächst noch unter dem Namen Duke Morrison. Seine Freundschaft mit Meisterregisseur John Ford kam ihm zugute, und mit seiner Verkörperung des Revolverhelden Ringo Kid in Fords »Ringo« qualifizierte Wayne sich 1939 endgülig als heroische Führungsfigur des Westernkinos. Der Outlaw, der im Kern ein Mann von law and order ist, aber durch äußere Umstände daran gehindert wird – dieses Paradigma des US-amerikanischen Films durfte John Wayne in seiner Karriere noch oft erfüllen.
Eine Filmographie, die sich über 50 Jahre erstreckt, großes Kino, große Regisseure, da kommt einiges zusammen. DVD-Editionen hat es schon etliche gegeben, jetzt ist mit »John Wayne’s West. In Music and Poster Art« eine umfangreiche Tribute-Veröffentlichung erschienen. Sie umfasst das musikalische Vermächtnis John Waynes und ein Coffee-Table-Buch, das mehrere hundert Filmposter, Stand- und Aushangfotos enthält und einen eindrucksvollen Beleg für die globale Rezeption der Wayne-Filme liefert. Neben den Filmpostern aus den USA wurden Plakate aus Argentinien, Japan, Australien, England, Deutschland, Belgien, Frankreich und Italien reproduziert. Allein die Plakate und Standfotos seines opulenten Durchhalteepos »The Alamo«, das für den Filmkritiker Uwe Nettelbeck ein »rückhaltlos abgelegtes Credo eines Rechtsradikalen« war, nehmen 16 großforma­tige Seiten in Anspruch.
Die Herausgeber Richard Weize und Christian Zwarg haben in umfangreichen Recherchen die Filmmusiken seiner Western, die Titelsongs der Originalinterpreten sowie Stücke, die von Wayne-Filmen inspiriert wurden, zusammengestellt und damit natürlich ein Must Have für Wayne-Fans geschaffen, das zugleich ein Standardwerk der Filmmusikgeschichte sein dürfte.
Zu den Interpreten, die an den Aufnahmen beteiligt waren, gehören die Sons Of The Pioneers, Glen Campbell, die Limeliters, Ed Ames, Johnny Cash, Marty Robbins und viele andere. Dazu kommen Lieder, die von bestimmten John-Wayne-Filmen inspiriert wurden, wie etwa »The Ballad Of The Alamo«, gesungen von Frankie Avalon, der in dem Westernklassiker auch als Kleindarsteller mitwirkte, Gene Pitneys »The Man Who Shot Liberty Valance« und Claude Kings »The Comancheros«.
Anders als die experimentelle Filmmusik des Italo-Westerns setzte der amerikanische Western auf orchestrale Soundtracks, deren Monumentaliät sowohl die Weite der Landschaft als auch die epische Dimension der Erzählung unterstreicht. Was Ennio Morricone für den Italo-Western war, war Elmer Bernstein für das amerikanische Cowboykino. 1955 komponierte er den Soundtrack für die Fernsehserie »Rauchende Colts«, für das Kino John Waynes schuf er u.a. die Musik zu »The Comancheros« (1961) und »The Sons of Katie Elder« (1965). Aber auch Victor Young, der den Score zu »Rio Grande« schuf, und Dimitri Tiomkins, dessen Kompositon für »The Alamo« für den Oscar nominiert war, haben die Entdeckung neuer Grenzen und die Erschließung der Wildnis sinfonisch untermalt. Viel gesprochen wurde im Western nicht, schließlich fasziniert am Cowboy der Mythos des Handelns. Als Wayne einmal gefragt wurde, was ein guter Schauspieler können müsse, antwortete er mit einem für ihn typischen Satz: »Talk low, talk slow and don’t say too much.« Er selbst hielt sich immer daran, kurze, knurrige Dialoge gehören zu seinem Markenzeichen. Dafür wurde in seinen Filmen ausgiebig gesungen, zur Gitarre am Lagerfeuer oder mit Pianobegleitung im Saloon. Selten genug, aber es kam vor, stimmte der Duke auch selbst ein Lied an, was dann auf eine Art Sprechgesang wie in »The Alamo« hinauslief, wo er nicht nur selbst Regie führte, sondern auch gleich zwei Stücke zum Soundtrack beisteuerte. John Wayne war als Schauspieler einer der Größten, als Sänger aber leider nur peinlich.

John Wayne’s West. In Music and Poster Art. Bear Familiy Records