Heiße Luft

Eigentlich dachte man, Uschi Obermaier sei in Apo-Kreisen ganz allein für weiblichen Glamour zuständig gewesen. Jetzt sind gleich zwei weitere Frauen aus der historischen Versenkung aufgetaucht, die den Status der Achtundsechziger-Sex-Ikone für sich reklamieren. »The Twins« ist der Titel eines Bildbandes, der die Biografie der aus Kassel stammenden Zwillinge Jutta Winkelmann und Gisela Getty schildert, zu deren Freunden und Lovern Bommi Baumann, Rainer Langhans, Wolf Wondratschek, Leonard Cohen, Mick Jagger und Dennis Hopper gehörten.
In ihrer Schulzeit hatten Gisela und Jutta Schmidt wie andere Teenager auch Bob Dylan gehört, waren fasziniert von seiner Stimme und schworen sich, dass sie ihn kriegen würden, was Jahre später auf einer Hollywoodparty dann auch fast geklappt haben soll. In Rom angelte sich Gisela den Milliardärssohn Paul ­Getty, dessen Vermögen sie zum Aufbau einer »kreativen Auserwähltenkommune« verwenden wollte. Dass sie Zwillinge sind und darauf bestehen, ein paralleles Leben zu führen, was auch bedeutet, dass beide ihr erstes Mal am selben Tag erlebten, scheint Männer- und Künstlerphantasien beflügelt zu haben. Fellini sah in ihnen beispielsweise »exquisite Odalisken auf einem orientalischen Sklavenmarkt«; die Frauen selbst sahen sich sogar in einer Reihe mit Che Guevara. Was man auf den Fotos zu sehen bekommt, sind aber nur Partygirls mit typischem Siebziger-Jahre-Rundhaarschnitt, die sich selbst offensichtlich absolut großartig finden. »68«, das war eben auch viel heiße Luft.

Gisela Getty/Jutta Winkelmann: The Twins. Blumenbar-Verlag, Berlin 2010, 256 Seiten, 49,90 Euro