Rechtsextremismus in den USA: Glenn Beck, der erfolgreichste rechte Meinungsmacher der USA

Rodeo-Clown mit Paranoia

Glenn Beck gehört in den US-Medien zu den erfolgreichsten rechten Meinungs­machern. Mit ihrem anti-intellektuellen Politikstil üben diese einen nicht unerheblichen gesellschaftlichen Einfluss aus. Serie über Rechtsextremismus in den USA, Folge 3.

Er nannte Barack Obama einen »Rassisten« und forderte, dass den »Blutsaugern« ein Keil ins Herz gestoßen werde, während er Bilder zeigte, die den Präsidenten und andere Demokraten als Vampire darstellten. Wegen seiner Kampagne gegen den langjährigen Umweltaktivisten Van Jones musste dieser als umweltpolitischer Berater in Obamas Kabinett zurücktreten. Eine sozialistische Diktatur stehe bevor, warnte er wiederholt. Die Rede ist von Glenn Beck, einem der provokantesten und zugleich erfolgreichsten Radio- und Fernseh-Talkmaster der USA.
1964 geboren und schon jung zum Radio gekommen, fiel Beck früh durch rassistische Provokationen auf. Während der Amtszeit George W. Bushs erlebte er einen rasanten Aufstieg. Seine im Jahr 2000 in Florida gestartete Radioshow war auf Anhieb ein Erfolg und wurde seit 2002 landesweit ausgestrahlt. 2008 war sie die am vierthäufigsten gehörte Show der USA. Von 2006 bis 2008 leitete er zudem eine höchst erfolgreiche Fernsehshow bei CNN. Seit 2008 ist er die komplette Woche über bei Fox News Channel zu sehen und zieht mehr Zuschauer an als die drei großen und zeitgleich auf anderen Sendern gesendeten Shows zusammen.

Becks Erzfeinde sind die »Progressiven«, womit er diejenigen meint, die mit den Bankenrettungsmaßnahmen und den Reformen der Krankenversicherung oder der Einwanderungspolitik »soziale Gerechtigkeit oder ökonomische Gerechtigkeit« schaffen wollten. Wer mit diesen Worten hantiere, solle besser »so schnell rennen, wie er kann«, droht Beck, denn wer Gleichheit anstrebe, gefährde die uramerikanischen Werte der Freiheit. Zuletzt war Beck bei allen Ereignissen, die von Bedeutung für das konservative Amerika sind, an vorderster Front dabei. So engagierte er sich von Anfang an in der Tea-Party-Bewegung, auf einer deren ersten öffentlichen Veranstaltungen er im April 2009 als Hauptredner auftrat. In einer Umfrage unter Tea-Party-Anhängern, wer die Bewegung anführen solle, wurde er sogar am häufigsten, noch vor Sarah Palin, genannt.
Wie Albert Scharenberg in den Blättern für deutsche und internationale Politik (11/09) festgestellt hat, repräsentiert Beck eine Tendenz, die der Historiker Richard Hofstadter einst als »paranoiden Stil in der amerikanischen Politik« bezeichnet hat. Beck verkörpert, ohne Frage, den Idealtypus eines solchen Politikstils. Für ihn sind »wir« von Gefahren und Feinden umzingelt, der Regierung sei zu misstrauen, weil sie unterwandert sei von Spionen, Amerika-Hassern und Schlimmerem. Verschwörungen, Sozialismus und die Krake des »übermächtigen Staates« gefährdeten das Land.
Mit Engagement und Pathos versucht Beck, die US-amerikanischen Bürger davon zu überzeugen, dass das Land auf dem falschen Weg sei. Dabei setzt er darauf, angebliche Konspirationen zu entlarven. Beck scheint es dabei weniger darum zu gehen, ob solche Konspirationen mit Fakten zu belegen sind. Dass er dabei auch mal öffentlich zurückrudern muss, ist zweitrangig. Hauptsache, das Bewusstsein bleibt »wach«, denn wenn nicht die eine, so könnte ja schließlich eine andere Verschwörung »Amerika« bedrohen, ob es nun die »New World Order«, die Freimaurer oder die Illuminaten sind. »Dort draußen gibt es genug«, behauptet Beck, »wir müssen nichts erdichten.«

Als eine Gefahr »dort draußen« nannte Beck einmal die Bundesbehörde für Katastrophenhilfe< (FEMA). Der Talkmaster griff eine kursierende Behauptung auf, es gebe Beweise, dass die Behörde heimlich Internierungs- oder gar Todeslager im ganzen Land eingerichtet habe. Auf das »Beweisvideo«, eine wackelige Aufnahme mit einer Handkamera oder einem Handy, wurde daraufhin über eine Million Mal auf Youtube zugegriffen. In Wirklichkeit waren die Todeslager Zugreparaturanlagen. Als dies von einer Zeitschrift aufgedeckt wurde, verwies Beck auf die ebenso unverdächtig wirkende Ankunftsrampe in ­Auschwitz. So konnte er mit ungenauen Verdächtigungen Staub aufwirbeln und sich dann als unkorrumpierbaren, investigativen Wahrheitsverfechter präsentieren. Auch noch, als er seine Behauptungen über FEMA-Camps zurücknahm, beschwerte er sich öffentlich darüber, dass seine Aussagen von Gegnern immer aus dem Zusammenhang gerissen würden.
»Entlarve oder beweise es«, ist Becks Motto. Der Anspruch, Aufklärung zu leisten, kommt auch im Untertitel seiner Show, »The Glenn Beck Program«, zum Ausdruck: »Die Verbindung von Unterhaltung und Aufklärung«. Aufklärung heißt für Beck, »das Monster beim Namen zu nennen«. Das Böse sei da, man müsse es lediglich kennzeichnen, um es bekämpfen zu können. Wie leicht man den Nerv von Millionen treffen kann, indem man eine Bundesbehörde mit abstrusen Verdächtigungen überzieht, die zuerst von Angehörigen einer rechts­terroristischen Vereinigung in die Welt gesetzt wurden, hat sich in der FEMA-Affäre eindrucksvoll gezeigt.
Diese Paranoia-Politik hatte immer dann in den USA ihren Durchbruch, wenn sich soziale Konflikte zugespitzt haben – und das schon seit den ersten Siedlertagen. Die Weltwirtschaftskrise, die gewachsene Feindlichkeit der beiden großen Parteien, die Mobilisierung der Afro-Amerikaner und Latinos in Verbindung mit der liberalen, urbanen Wählerschaft, der demographische Rückgang der weißen Bevölkerungsteile, die Herausforderungen der Globalisierung und der relative Machtverlust der USA – all das sind Faktoren, die zu diesem Klima beitragen.

Beck bildet derzeit die Spitze der konservativen Meinungsmacher, die sich unter solchen Bedingungen hervortun und populär werden. Eine weitere präsente und umstrittene Person aus dieser Richtung ist Ann Coulter, Autorin von If Democrats Had Any Brains, They’d Be Republicans und bekannt geworden im Zuge des Amtsenthebungsverfahrens gegen Bill Clinton infolge der Levinsky-Affäre. Gemeinsam ist ihnen der schrille und polternde Politikstil. Coulter, aus New York stammend, gibt sich dabei etwas urbaner und wortgewandter, aber nicht weniger skandalträchtig. So vertritt sie ernsthaft die Auffassung, Schuld an den Wahlsiegen der Demokraten sei das Frauenwahlrecht. Ihre provokativen Stellungnahmen, die ihr den Spitznamen »Michael Moore der Republikaner« einbrachten, haben immer wieder dazu geführt, dass die Zeitschriften, in denen sie ihre Kolumnen veröffentlicht, die Verträge mit ihr beendeten.
Meinungsmacher wie Coulter und Beck verkörpern eine Art »modernen« Konservatismus. So hat sich Beck, der – eine typisch konservative Position – den Klimawandel als nicht von Menschen verschuldet ansieht, sein Haus nach neuesten öko­logischen Maßstäben bauen lassen. Er verschweigt auch nicht die Brüche in seiner Biographie, wie Alkohol- und Drogensucht oder das zerrüttete Elternhaus. Und doch stehen Beck und Coulter so weit rechts, dass ihre Positionen auch bei den Republikanern nicht mehrheitsfähig sind, auch wenn die Republikaner derzeit verzweifelt ihr Profil zu schärfen suchen und sich immer wieder von den durch Beck und Coulter angeheizten Debatten leiten lassen, wie gerade das neue Einwanderungsgesetz in Arizona zeigt.
Beck präsentiert sich als Getriebener, der sein Land retten will, egal wie viel Widerstand sich ihm in den Weg stellt. Dabei nennt er sich selbst einen »unpolitischen Menschen«, der nur seine Pflicht für das Land erfülle, wie ein »Rodeo-Clown«, der im Ring den Stier von dem gefallenen Rodeo-Reiter ablenken soll. Die Art und Weise, wie er Anrufer mit gegenläufiger Meinung in seiner Show »abfertigt« – bis hin zum aufbrausenden und gekeuchten »Raus aus meiner Leitung!« – oder wie er sich bei öffentlichen Reden verhaspelt, keine Worte findet oder sogar in Tränen ausbricht, gilt als authentischer Ausdruck des Amerikaners, der furchtlos gegen das Falsche kämpft – mit ganzem Herzen statt mit Verstand, der in solchen Fragen schädlich wäre. Beck wird damit sicher eine Menge Menschen überzeugen können, solange das »Monster«, die Krise und vor allem das Krisenbewusstsein der US-Bürger virulent bleiben.