»Für Rot-Rot-Grün gibt es keinen Anhaltspunkt«

Am Sonntag wurde in Hamburg die geplante Schulreform per Volksentscheid gekippt. Am gleichen Tag ist mit Ole von Beust die Integrationsfigur der schwarz-grünen Koalition zurückgetreten. Jungle World sprach mit Norbert Hackbusch (»Die Linke«), der 1999 aus Protest gegen den Kosovo-Krieg aus der Grün-Alternativen Liste (GAL) ausgetreten ist.

Ist Schwarz-Grün in Hamburg am Ende?
Noch nicht ganz, aber so gut wie. Zum einen ist die Schulreform für diese Koalition ein sehr wichtiges Projekt gewesen. Zum anderen hat die CDU sich von ihren Wählern längst verabschiedet.
Werden die Grünen die Koalition mit dem konservativen Hardliner Christoph Ahlhaus weiterführen?
Auch die schwarz-grüne Koalition war ja schon eine Überraschung. Von daher traue ich denen das durchaus zu. Wobei Ahlhaus ja nicht nur ein Konservativer ist, sondern sich auch als autoritärer Polizeisenator profiliert hat.
Haben Sie sich nicht heimlich ein bisschen gefreut über das Scheitern der Reform und damit ja auch Ihrer früheren Partei der Grünen?
Nein. Denn mit diesem gescheiterten Referendum kommen zwei große Probleme auf uns zu. Das eine ist, dass kaum noch jemand in der Lage ist, strukturelle Veränderungen in den Schulen einzuleiten. Das zweite ist, dass in der Parteienlandschaft eine neue rechte Strömung auftauchen könnte. Hamburg war ja schon mal Vorreiter solch einer Entwicklung mit Ronald Schill.
Wenn die schwarz-grüne Koalition scheitert, wird die rot-rot-grüne Option dann wieder wahrscheinlicher?
Die Grünen haben in den vergangenen zwei Jahren keine Kritik an Schwarz-Grün geäußert, so dass ein Umstieg nicht so ganz einfach ist. Und die Sozialdemokratie in Hamburg hat Schwarz-Grün in der Innenpolitik zum Teil ja auch von rechts kritisiert. Andererseits würden die Grünen von sich selber sagen, dass sie pragmatisch genug sind – ich würde das »ohne Substanz« nennen –, um prinzipiell beides zu machen. Aber gegenwärtig gibt es für Rot-Rot-Grün einfach keinen Anhaltspunkt.
Außer der FDP waren alle Parteien für die Schulreform, die Mehrheit der Abstimmenden aber dagegen. Ist das ein Zeichen für eine gut funktionierende Demokratie oder für das Gegenteil?
Das ist schon eine besondere Situation. Als Befürworter von Volksentscheiden muss ich diesen akzeptieren, auch wenn ich ihn inhaltlich für fatal halte.