Ist ein Fan von Plastikkorken

Plastikkorken!

Der Hobbykoch Hans-Georg Pestka war sechs Jahre lang Vorstandsmitglied der deutschen Slow-Food-Bewegung. Außerdem war er Foodscout für den Delikatess-Fachhandel. Seit einigen Jahren betreibt er die Online-Versandfirma »Genusshandwerker«, die hochwertige Lebensmittel vom Schwein bis zum Wein direkt von regionalen Erzeugern aus ganz Europa auf den Tisch der Kunden befördert. Im Web: genusshandwerker.de

Ein gutes Essen gewinnt durch einen guten Wein. Diese Faustregel versagt freilich, wenn die Qualität der eingesetzten Kochzutaten und deren Zubereitung nicht stimmen oder – und darum soll es hier gehen – der Wein eine Fehlnote hat. Der häufigste Grund für den Verlust an der Freude im Glas sind zwar immer noch charakterlose Weine, aber ein durch den Korken verursachter Fehlton gefällt weder bei einem Alltagswein noch bei einem besonderen Tropfen.
Obgleich man ein wenig Sympathie für die Anarchie des Korkens verspürt: Wo sonst in unserer an Überraschungen so armen bunten Warenwelt bleibt ein solch kleines Geheimnis bis zum letzten Moment – dem Öffnen der Flasche – bestehen? Vor dem klassenlosen Korken sind alle Weine gleich, befällt er doch Weine aller Preiskategorien. Und ist das nicht einfach stillos, so ganz ohne Korken?
Zwei Möglichkeiten der Betrachtung eröffnen sich. Ein Wein ohne Ecken und Kanten ist immer häufiger Produkt eines vermeintlich klugen Marketingkonzeptes und der Ingenieurskunst, die dem Wein alles gibt und nimmt und ihn so auf der Spur hält. Die Entscheidung über die Art des Flaschenverschlusses ordnet sich hier anderen Kriterien unter und ist nicht auf das Wohl des Weines ausgerichtet. Mal kommt ein »flippiger« Drehverschluss zum Einsatz, um die Zielgruppe der mobilen To-Go-Käufer zu begeistern, mal ein »cooler« Glasstopfen, weil es edler aussieht, aber so richtig »wertig« wird es meist immer noch durch den Naturkorken.
Und dann bleibt da noch der Kunststoffkorken, aber sprechen wir lieber von einem Stopfen. Denn außer der Form erinnert kaum etwas an das Original. Schwer zu entkorken, meist hart und befremdlich in der Hand liegend, in allen erdenklichen Farben zu haben – nein, er hat kaum noch etwas vom Naturkorken. Nicht mal als gute Fälschung würde der Stopfen durchgehen.
Was aber sagen all die handwerklich und mit viel Engagement im Weinberg und Keller an einem guten Wein arbeitenden Winzer, die so viel auf Erfahrung, Tradition und das gewisse Händchen geben? Die meisten wollen, dass die Frucht ihrer Arbeit wohlbehalten bei uns Genießern ankommt, sich dem Inhalt angemessen gut lagern lässt und nach dem Öffnen den größtmöglichen Genuss bietet. Die Frage des Verschlusses, so hören wir von den Fachleuten, sei wenig entscheidend, was wir durchaus als Pluspunkt für den vergleichsweise günstigen Kunststoffstopfen werten. Portugals Korkeichen werden es danken. Und wenn jeder Cent, den man an der Verpackung spart, in die Arbeit im Weinberg ginge, für ein tieferes Verständnis im Keller und mehr Weinkultur in unserer Gastronomie sorgen würde, wer könnte sich dem ernsthaft versagen? Und am Ende bleibt doch nur eins: Wirklich entscheidend ist der Inhalt der Flasche.