Einzeln, aber nicht allein

Der Heckenschütze, der in Malmö auf Dunkelhäutige schießt, löst Erstaunen aus. Doch auch in Schweden gibt es eine Tradition rechter Gewalt.

Was in Deutschland zunächst als Agenturmeldung mit dem lapidaren Titel »Heckenschütze jagt Dunkelhäutige in Malmö« verbreitet wurde, hatte nur wenig mit der Verbrechensserie zu tun, die sich seit mehr als einem Jahr in der südschwedischen Stadt abspielt. Mutmaßlich wurde der Schütze gleich bei seiner ersten Tat zum Mörder: Am 10. Oktober 2009 tötete er die 20jährige Trez West Persson, ihr 21jähriger Begleiter wurde schwer verletzt. Seither schlug er mehr als 15 Mal zu und verletzte mehrere Menschen schwer; seit voriger Woche sucht er seine Opfer nicht mehr nur auf der Straße, sondern schießt auch durch Fenster in Wohnungen dunkelhäutiger Malmöer.
Der Täter gilt als Nachahmer des »Lasermannen«, der ein Gewehr mit Laserpointer benutzte. Er schoss zwischen August 1991 und Januar 1992 gezielt auf Ausländer und tötete einen Menschen. Der »Lasermannen« war Wolfgang Zaugg. Er wurde als Kind eines deutsch-schweizerischen Ehepaars 1953 in Schweden geboren. Die schwedische Staatsbürgerschaft beantragte er allerdings erst 1979, damals änderte er seinen Namen in John Ausonius. Nach einigen Banküberfällen inhaftiert, freundete er sich 1986 im Gefängnis mit dem kroatischen Nationalisten Miro Barešic an, einem Ex-Mitglied der Ustaša. Zaugg begann seine Attentatsserie genau in dem Jahr, in dem die mittlerweile aufgelöste rechtspopulistische Partei Ny Demokrati, zu der er enge Verbindungen hatte, in den Reichstag eingezogen war. Ausonius wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.
In den meisten deutschen Kommentaren fehlt der Verweis auf den deutschstämmigen »Lasermannen« – stattdessen wundert man sich ausgiebig, dass ausgerechnet im idyllischen Schweden ein rassistischer Mörder sein Unwesen treibt. Dabei schaffen es in diesem Land nicht nur immer wieder rechtspopulistische Parteien ins Parlament, seit den neunziger Jahren haben auch gewalttätige Neonazi-Gruppen mit Verbindungen zu ausländischen Organisationen wie dem Ku-Klux-Klan großen Zulauf, die beispielsweise für den Mord an dem Syndikalisten Björn Söderberg im Jahr 1999 verantwortlich waren.
Das folgenschwerste politisch motivierte Attentat in Schweden geht ebenfalls auf das Konto von Rechten. Am 3. März 1940 waren bei einem von Militärs verübten Brandanschlag auf die Druckerei der kommunistischen Zeitung Norrskensflamman fünf Menschen, darunter zwei Kinder, ge­tötet worden. Zu den Opfern gehörte auch Svea Granberg, deren Mann Valdemar zu dieser Zeit im Lager Storsien saß. Das Internierungs- und Arbeitslager war von der Regierung im Winter 1939 errichtet worden, um rund 370 Linke wegzusperren, die man im Falle eines Kriegs mit der Sowjetunion für gefährlich hielt. Im Ausland genießt Schweden noch immer den Ruf, ein Musterland der Toleranz zu sein. Doch obwohl der Heckenschütze wohl ein Einzeltäter ist, steht er mit seinen Ressentiments nicht allein.