Herrliche Spitzenreden

Es ist der definitiv letzte Teil der Werkausgabe »Horst Köhler: Reden und Interviews«, der jetzt endlich vorliegt. Damit sind insgesamt sechs dicke Bücher erschienen, voll mit Erbaulichem unseres ehemaligen Bundespräsidenten. Horst Köhler ist im Nachhinein ja der coolste Präsident, den wir je hatten. Er fiel nie groß auf, auch nicht negativ, und irgendwann hatte er keinen Bock mehr, und dann ging er einfach. Das war eine unfassbar große Geste, einmalig in der Geschichte, die diese gesammelten Grußworte und Ansprachen in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt.
Hier spricht also nicht etwa der langweiligste Präsident aller Zeiten, sondern der erste Punkrocker seines Amtes. Plötzlich bekommt man richtig Lust, ein paar der Reden dieses großen Subversiven tatsächlich zu lesen. Natürlich macht man es dann doch nicht, weil man gar nicht so unbeschäftigt sein kann, um sich etwa am »Grußwort bei der ADAC-Preisverleihung ›Gelber Engel‹ 2010« zu delektieren. Aber eine Laudatio mit dem Titel »Afrika ist voller Schmetterlinge« klingt doch wirklich verheißungsvoll, oder? Er wird bestimmt die richtigen Worte gefunden haben, auch in dieser Ansprache, dieser Bundespräsident a.D., der einer ganzen Nation beibringen wollte: Arbeit ist scheiße. Wir vermissen ihn sowieso, unseren Horst Köhler. Jetzt hockt im Schloss Bellevue ein ekelhafter Streber samt seiner schlecht tätowierten Ehefrau und nicht mehr funky Horsti.

Horst Köhler: Reden und Interviews. Bundespräsidialamt, Berlin 2010, 512 Seiten, kostenlos