Sich Weihnachten zurechtrocken

Berlin Beatet Bestes. Folge 75. Santo & Johnny: Twistin’ Bells (1962).

Weihnachten steht vor der Tür, und ich freue mich. Es würde mir nie einfallen, Weihnachten schlecht zu machen. Ich gehe nicht in die Kirche, ich feiere nicht mit meinen Eltern, und ich habe auch keine Kinder, aber das ganze Drumherum liebe ich: backen, Geschenke kaufen, und natürlich die Weihnachtsdeko. Seit meine Eltern 1994 bei einem Autounfall gestorben sind, ist die Weihnachtszeit nicht mehr das, was sie mal war. Alles fiel aus: das gemeinsame Essen, gegenseitiges Beschenken und anschließendes Besäufnis. Ich habe dann einfach selbst einen Weihnachtsbaum gekauft, den aufwendig geschmückt und Freunde eingeladen. Dann haben wir zusammen gegessen, uns gegenseitig beschenkt und anschließend besoffen. Herrlich!
Außerdem liebe ich Weihnachtslieder. Rock’n’Roll-Weihnachtslieder natürlich. Die Rockgeschichte ist voll von Weihnachtsplatten, angefangen bei meinem Lieblingsweihnachtslied: Elvis’ stampfender Version von »Santa Claus Is Back In Town« von 1957. In dem Lied erscheint der Weihnachtsmann ohne Sack und Schlitten, dafür aber in einem schwarzen Cadillac. »Well, it’s Christmas time, pretty baby, and the snow is falling on the ground!« knattert Elvis aggressiv, und damit ist auch schon alles gesagt. Weihnachten hat keine Bedeutung, außer dass Weihnachten ist. Elvis rockt sich das Fest zu einer coolen Sache zurecht und liefert eine Blaupause für den Umgang mit Weihnachten im Rock. Otis Redding, James Brown, die Beach Boys, selbst die Sonics haben 1965 zwei harte Garage-Punk-Weihnachtssongs aufgenommen.
In »Santa Claus« fragen die Sonics ganz prosaisch: »Santa Claus, is there something for me inside that sack? I want a brand new car, a twangin’ guitar, a cute little honey and lots of money.« Die Single wurde vom New Yorker Norton Label wiederveröffentlicht, das jedes Jahr eine rockende Weihnachtssingle herausbringt. So auch das schmutzige »Poor Mr. Santa« des 74jährigen Andre Wiliams. In dem Song rutscht ein schwuler Weihnachtsmann mit seinem Schwanz in der einen und Drogen in der anderen Hand den Kamin herunter, um dann die Wünsche aller Anwesenden zu befriedigen.
Punkbands wie die Ramones, Damned, Dickies und Stiff Little Fingers haben sich dem Thema meist mit der Absicht genähert, den Weihnachtsmythos humorvoll zu demontieren, und dabei hervorragende Songs hinterlassen. Mein zweitliebstes Weihnachtslied ist dennoch Santo & Johnnys »Twistin’ Bells«. Die Brüder Santo und Johnny Farina aus New York waren eher für ihre soften Easy-Listening-Songs bekannt. Ihr größter Hit war 1959 das langsame »Sleep Walk«. Obwohl sie also keine lupenreinen Rocker sind, liebe ich die Musik von Santo & Johnny so sehr, dass ich sogar zwei meiner Figuren in »Bigbeat­land« nach ihnen benannt habe. »Twistin’ Bells«, eine in­strumentale Twistversion von »Jingle Bells« im Hawaiigitarren-Sound, ist allerdings ein ultra­schnelles, fetziges und richtig fröhliches Weihnachtslied. Frohe Weihnachten allerseits!