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Die Verhältnisse im Maghreb und im Nahen Osten haben begonnen zu tanzen, und das hat auch ungeahnte Auswirkungen auf unseren Alltag in den Jungle-Räumen. Wir fiebern mit den Besetzern des Tahrir-Platzes in Kairo, mal könnte man jubeln vor Glück, wenn man sieht, wie auf der Avenue Bourguiba in Tunis nach dem Sturz Ben Alis eine Frau vor Tausenden ein Freiheitslied singt, dann packt einen die kalte Wut, wenn man sieht, wie die Anhänger Mubaraks in Kairo mit Knüppeln, Messern, Ketten auf die Protestierenden losgehen. Es ist ein tägliches Wechselbad der Gefühle, und oft hat man den Eindruck, dass sich nicht nur bei den Protestierenden, sondern auch bei einem selbst Verhärtungen auflösen, die man lange in einem allzu oft der Routine unterworfenen, belanglosen Alltag angestaut hat.
Aber bei alledem sollte auch die Analyse nicht zu kurz kommen, schließlich geht es darum, um ein geflügeltes Wort von Guy Debord zu paraphrasieren, die Welt rationaler zu machen, um sie leidenschaftlicher zu machen. Und so haben wir in der aktuellen Ausgabe zum Beispiel einen Beitrag von Rainer Trampert über die künftige Rolle der Bundeswehr, die deutsche Außenpolitik und ihre möglichen hässlichen Auswirkungen auf die Proteste jenseits des Mittelmeers sowie Berichte über die diversen aufständischen Bewegungen mit einem speziellen Fokus auf Ägypten. Außerdem finden Sie im Heft ein hochspannendes Interview mit dem ehemaligen iranischen Diplomaten Abolfazl Eslami, einen Bericht von der Berlinale, einen weiteren Nachruf auf Peter O. Chotjewitz von Dario Fo und Franca Rame, passend zum jährlichen Dresden-Gedenkspektakel ein Dossier über die deutsche Geschichtspolitik und selbstverständlich vieles mehr.
Und dann erreichte uns am Wochenende auch noch eine traurige Mitteilung: Unser Redaktionshund Cesi, eine muntere Mischung aus Schäferhund, Dobermann und Retriever, also ein echter Brummer von Hund, hatte sich noch in unseren alten Räumen in der Bergmannstraße prächtig in den Redaktionsalltag eingefügt, auch wenn wir immer ein wenig befürchten mussten, dass er, wenn er sich ausnahmsweise mal regte und dann begeistert mit dem Schwanz wedelte, versehentlich die Monitore vom Tisch wischte. Nun, zwei Jahre nach seiner Pensionierung, wurde er von einer kurzen, aber schweren Erkrankung geplagt, von der er am Samstag durch eine Veterinärin erlöst wurde. Rest in peace, Cesi!