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Mehr als die Hälfte aller Deutschen liebt den Frühjahrsputz. Glaubt man den Umfragen, die Jahr für Jahr pünktlich zum Frühlingsbeginn veröffentlicht werden, dann wartet man hierzulande sehnlich auf die ersten Sonnenstrahlen, um endlich beschwingt zu Fensterleder und Besen greifen zu dürfen. Die spinnen, die Deutschen, denkt man, wenn man so etwas liest. Und hätten die Meinungsforscher mal in unserer Redaktion nachgefragt, wäre das Ergebnis vermutlich um einiges schmeichelhafter ausgefallen. Seit Monaten reden wir darüber, wie schön es wäre, endlich mal wieder den Kaffee draußen in der Sonne sitzend oder das Feierabendbier im Park trinken zu können. Niemand in der Jungle wäre so bescheuert, bei frühlingshaften Temperaturen in die Drogerie zu stürmen, um sich mit Putzmitteln einzudecken. Wir wissen, Putzen macht keinen Spaß und birgt hohe gesundheitliche Risiken. Keiner von uns möchte sich den Frühling mit einem Gipsarm oder langwierigen Sitzungen beim Chiropraktiker ruinieren. Dementsprechend fassungslos waren die Reaktionen, als unsere Kollegen von der Geschäftsführung den kalendarischen Frühlingsanfang zum Tag der Müllentsorgung erklärten. Dass sich die Redakteure am Montag dann doch einfanden, um mit schmerzverzerrten Gesichtern Tonnen von Papiermüll in Richtung Fahrstuhl zu befördern, war der Einsicht geschuldet, dass unsere Lebensqualität durch all das Papier zunehmend empfindlich belastet wurde. Auch für motorisch geübte Mitarbeiter war es in den vergangenen Wochen eine echte Herausforderung, die Kaffeetasse auf dem Schreibtisch zu platzieren. Die Raucher unter uns fanden ihre Feuerzeuge nicht mehr, Kaugummis, Kopfschmerztabletten, alles war unter Bergen von Papier begraben. Und das lag ausnahmsweise nicht nur daran, dass wir uns gerne in Zurückhaltung üben, wenn es um die Beseitigung des Papiermülls geht. In weltpolitisch weniger bewegten Zeiten kommen wir nämlich ganz gut zurecht, allein schon unsere Trägheit verhindert einen allzu verschwenderischen Umgang mit Papier. Seit einigen Wochen ist das anders: Tunesien, Ägypten, Libyen und die Atomkatastrophe in Japan. Texte werden nicht mehr einmal, sondern immer wieder redigiert, weil sich die Nachrichtenlage täglich ändert. Und für die Korrektur ausgedruckt und noch mal ausgedruckt und so weiter. Die Welt ist nicht übersichtlicher geworden, seit sich unser Papier in Containern befindet, unsere Schreibtische schon. Und das brachte uns auf die Idee, diese Ausgabe mit einer Orientierungshilfe zu versehen. Liebe Leser, alle Artikel über die Atomkatastrophe erkennen Sie auf den ersten Blick an Symbolen verschiedener Radionuklide.