Familienschreierei

Irgendwann hatte das Publikum es anscheinend satt, Nachmittag für Nachmittag Menschen zu betrachten, die einander a) nicht zuhörten, b) anschrien und c) am liebsten verhauen hätten, weil man zwar (siehe a) vor lauter Gebrüll keine Ahnung hatte, was der Kontrahent sagte, aber ganz sicher war, dass es etwas ganz unerhört Bösartiges war.
Und so wurden die Krawall-Talkshows irgendwann abgesetzt und durch andere Formate ersetzt, was kein wirklich großer Verlust war. Falls sich jemand fragt, wo die ganzen Nichtzuhörer und Fressehauenwoller abgeblieben sind: Die gibt’s jetzt regelmäßig in der RTL2-Produktion »Frauentausch« zu bestaunen – die Sendung, zu deren Highlights es gehörte, eine Berliner Transe in eine Landei-Familie zu schicken, während die Provinz-Mama in der Hauptstadt wohnte (und dort nach allen Regeln der Kunst Selbstbewusstsein und Style eingetrichtert bekam, was ausgesprochen schön anzugucken war).
Nun, der Spaß ist vorbei. Mittlerweile besteht »Frauentausch« darin, Menschen mit abweichenden Vorstellungen von Hygiene und Essenszubereitung aufeinanderzuhetzen, was meist so aussieht: Ehemann A sitzt den ganzen Tag vor dem Computer und versucht, Tauschmutter B klarzumachen, dass er keinesfalls gedenkt, auch nur einen Finger zu rühren. Ehefrau A sitzt derweil bei Familie B auf der Couch und hält es für eine Zumutung, Gemüse zu kochen, schließlich gibt es doch Frittenbuden, und dass man Kinder möglichst fettreich ernähren muss, das weiß ja nun wirklich jeder. Nach ein, zwei Tagen wird nur noch gebrüllt und getobt und mit Fressehauen gedroht, am Ende treffen sich die Frauen zum, ähem, Meinungsaustausch aka Anschreien, und dank Youtube hat keiner der Beteiligten nach der Sendung eine Chance darauf, dass der peinliche Auftritt je in Vergessenheit gerät.