Brandanschläge auf linke Einrichtungen in Berlin

Expertise zur Gewalt

In der Nacht zu Montag wurden fünf Brandanschläge auf linke Einrichtungen in Berlin verübt. Betroffen waren die Hausprojekte »Bandito Rosso« und »Tuntenhaus« im Prenzlauer Berg, das »Tommy-Weisbecker-Haus« und der Antifa-Laden »Red Stuff« in Kreuzberg sowie das »Anton-Schmus-Haus« der »Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken« in Britz.

Die Berliner Zeitungen sind sich einig, dass es sich um einen »Racheakt von Neonazis« (B.Z.) oder eine »koordinierte Racheaktion der rechten Szene« (Tagesspiegel) handelt. Auch die Taz sieht einen Zusammenhang zwischen Angriffen auf Berliner NPD-Politiker, die sich in den Tagen zuvor ereigneten, und weist auf das Neonazi-Netzwerk Nationaler Widerstand in Berlin hin, das nach den Angriffen in einer Rundmail den Aufruf versandt: »Brecht den Terror der Roten!« Gewalt zwischen Autonomen und Neonazis, da braucht man eine professionelle Analyse der Gefahrensituation.

Die Berliner Morgenpost wartet mit Claudia Schmid, der Leiterin des Berliner Verfassungsschutzes, auf, die von einer »neuen Qualität« der politischen Gewalt in Berlin spricht und wechselseitige Racheakte fürchtet. Im Tagesspiegel findet Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) scharfe Worte, im Fachjargon der Extremismustheorie gehalten. Er warnt vor einer Eskalation: »Ich befürchte vor allem, dass bei Extremisten auf jede Aktion eine Gegenaktion folgt.« Denn das »primitive Volk der Autonomen und Neonazis« denke in den Kategorien der Rache. »Ich verabscheue Gewalt, egal von welcher Seite«, formuliert der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) im Gespräch mit dem Tagesspiegel in pastoralem Tonfall.

Der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele entscheidet sich für den mahnenden Appell mit historischen Verweis: »Zeiten wie Ende der zwanziger Jahre wollen wir nicht wieder haben.« Denn »es darf nicht sein, dass Gewalt in die politische Auseinandersetzung Einzug hält«.