Mutter aller Schmutzworte

»It’s a motherfucker«, heißt es in einem Stück von Mark Oliver Everett, und auch die kanadische Folksängerin Martha Wainwright besingt ein »Bloody Mother Fucking Asshole«, ohne dass das besonders tabubrecherisch wirkt. Dass das mal anders war und die Verwendung des Wortes »Motherfucker« zu ernsten Konsequenzen führen konnte, schildert der US-amerikanische Journalist Jim Dawson in seiner »Geschichte der Mutter aller schmutzigen Wörter«. Etwa für den jüdischen Stand-up-Comedian Lenny Bruce. Mit seiner ätzenden Gesellschaftskritik zielte er regelmäßig ganz bewusst unter die Gürtellinie und bestand darauf, dass der Gebrauch der sogenannten schmutzigen Worte von der Redefreiheit gedeckt war. Bruce, der 1966 tot in einem Hotel aufgefunden wurde, hatte immer wieder Ärger mit der Justiz und ist nach Ansicht von Hunter S. Thompson wegen des Motherfucker-Wortes »von den Cops in den Tod gehetzt worden«. Dawson untersucht die Populärkultur und verfolgt die Begriffsgeschichte bis zurück in die Zeit der Sklaverei. Weil ihn interessiert, warum sich das Wort gerade in der Alltagssprache junger schwarzer Männer festgesetzt hat, stellt er verschiedene psychoanalytische Ansätze vor, die zu klären versuchen, welche Funktion Mutterliebe und Frauenhass für den vom Rassismus kleingehaltenen jungen Schwarzen haben. Denn eines steht fest: Auf der Bühne mag ein dahingeworfenes »Motherfucker« nur noch Gähnen hervorrufen, auf der Straße eher nicht.

Jim Dawson: Motherfucker. Geschichte der Mutter aller schmutzigen Wörter. Edition Tiamat, Berlin 2011, 271 Seiten, 16,90 Euro