Ein großes Bündnis protestiert gegen den Ball des Wiener Korporationsringes

Rechts, zwei, drei – vorbei

Der Protest gegen den Ball des Wiener Korporationsringes wird dieses Jahr von einem großen zivilgesellschaftlichen Bündnis getragen.
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»Jetzt oder nie.« Andreas Peham, Rechtsextremismusexperte des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes, ist davon überzeugt, dass die diesjährigen Proteste gegen den Ball des Wiener Korporationsringes (WKR) diesen endgültig aus der Hofburg vertreiben können. »Das Problem selbst wäre dann zwar noch nicht gelöst«, räumt er ein, »aber auf symbolischer Ebene wäre das ein großer Erfolg.«
Zum 60. Mal findet der Ball des WKR in Wien statt, zum 43. Mal in der Hofburg. Beim rechtsextremen Stelldichein drehte sich bereits die Garde der deutschnationalen Burschenschaften, der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und der europäischen Rechten von Vlaams Belang über Front National bis zur NPD zu den Klängen des Wiener Walzers. Die Hofburg als Veranstaltungsort ist nicht nur prestigeträchtig: Vor ihren Pforten wurden 1938 auch Adolf Hitler und der Anschluss Österreichs an Deutschland bejubelt.

Die Proteste gegen den Ball erreichen zu ihrem fünften Jubiläum einen Höhepunkt. Bereits im Sommer bildeten sich erste Protestbündnisse. Neu waren nicht nur der frühe Zeitpunkt der Mobilisierung und die enge Kooperation von antiimperialistischen und antizionistischen Gruppen. In Abgrenzung zu letzteren wurde auch schnell ein weiteres Bündnis organisiert, das die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) und die Grünen initiiert haben und an dem sich auch die Sozialdemokratische Partei Österreichs, Gewerkschaften und NGO beteiligten. Bisher waren die Proteste immer von autonomen und studentischen Gruppen getragen worden. Zum ersten Mal gab es zusätzlich ein für Österreich untypisches zivilgesellschaftliches antifaschistisches Bündnis.
»Was dieses Mal besonders stört, ist das Zusammentreffen des 27. Januar als Tag der Befreiung von Auschwitz, der seit einigen Jahren als Gedenktag gefeiert wird, mit dem WKR-Ball«, erklärt Raimund Fastenbauer, Generalsekretär der IKG, die große Resonanz auf den Protest. Martina Wurzer, Gemeinderätin der Wiener Grünen, sieht auch einen Zusammenhang mit dem rechten Terror in Norwegen und Deutschland im vergangenen Jahr, der zu einer größeren öffentlichen Empörung geführt habe. »Aber auch die rot-grüne Regierungskonstellation in Wien hat geholfen«, sagt sie der Jungle World. Die Vernetzung solle jedenfalls ein »längerfristiges Projekt« werden, erklärt Magdalena Neumüller, Geschäftsführerin des Vereins Gedenkdienst der Jungle World.

Die Betreibergesellschaft der Hofburg verkündete bereits Ende November öffentlich, dass sich der Ball »aufgrund der aktuellen politischen und medialen Dimension« ab 2013 einen anderen Veranstaltungsort suchen müsse. Eine parlamen­tarische Anfrage der Grünen führte zu einem Trageverbot der Uniform des Österreichischen Bundesheers auf dem Ball. Und die Unesco, die den WKR-Ball 2010 zum »immateriellen Kulturerbe Österreichs« erklärt hatte, bedauerte erstmals, »die Listung des WKR-Balls übersehen« zu haben, und entfernte ihn umgehend aus ihrem Verzeichnis.
Das »Dritte Lager« um die FPÖ läuft gegen diese überfälligen Entscheidungen Sturm. »Strukturell trifft das die Rechte sehr hart. Weil es für sie sehr wichtig ist, als salonfähig zu gelten und einen Fuß in der politischen Mitte zu haben«, sagt Alexander Pollak von der NGO SOS Mitmensch. Der zivilgesellschaftliche Protest bleibe allerdings »zwangsläufig bei dem Verweis auf die rechtsextremen Verwicklungen des WKR-Balls stehen«, kritisiert die Autonome Antifa Wien im Gespräch mit der Jungle World. »Ein konsequenter Antifaschismus muss nicht allen Ballgästen nachweißen, dass sie lupenreine Nazis sind«, sondern müsse sich vielmehr gegen den Normalzustand richten.
Wurzer warnt davor, dass gerade durch den zivilgesellschaftlichen Protest autonome Protestformen Probleme bekommen könnten: »Einerseits ist es gut, dass jetzt so viele aktiv sind, aber ich befürchte, dass es zu einer unterschiedlichen Bewertung von staatstragenden und autonomen Demonstrantinnen und Demonstranten kommen kann. Da müssen wir vorsichtig sein.«