Es lebe der Blues

Den kanadischen Waldbestand hat er nicht abgeholzt, aber es ist gut zu wissen, dass er es könnte. Immer noch. Er, Mark Lanegan, unser Mann mit der Stimme. Der Ex-Sänger der großen Psychedelic-Blues-Grungeband Screaming Trees verfügt über einen voluminösen Bariton von der tiefgreifenden Schärfe eines gigantischen Sägeblattes.
Man muss die Kooperationen Lanegans (u. a. mit den Queens of the Stone Age, Isobel Campbell, PJ Harvey) nicht allesamt aufzählen, um den Ruf, den er als Sänger und Songwriter genießt, ermessen zu können. Gleichwohl waren seine jüngsten Kooperationsprojekte nicht so überzeugend wie seine eigenen Sachen, die er als Mark Lanegan Band veröffentlicht.
Der Titel seines jüngsten Albums, »Blues Funeral«, steht keineswegs für die Beerdigung des Blues. Vermutlich kokettiert Lanegan einfach ein bisschen, denn zu hören ist eine Sorte Blues, die den handgemachten Traditionalismus mittels Synthesizern und Drum-Patterns aus dem Computer unterläuft, ohne jedoch die »Seele« des Blues zu beschädigen.
Ätherisch-synthetisch verstärkt und mit satterem Groove versehen – im Grunde ist es einerlei. Es ist die Stimmung der Songs, die man bereits kennt und die bleibt: die existentialistische Note, die man den Stücken attestieren möchte. Schönheit der todtraurigen Art. Lanegan singt hypnotische Liebeskummerlieder, dunkle Lullabys, sogar wenn er rockt. Und Stimmung kommt von Stimme: Sie stellt alles andere in den Schatten und ist selbst genau das: ein schwerer majestätischer Nachtschatten aus Körper und Klang.

Mark Lanegan Band: Blues Funeral (4AD/Beggars Group/Indigo)