Theorie und Bier

Berlin Beatet Bestes. Folge 151. Comic-Salon Erlangen.

Am vergangenen Wochenende fand zum 15. Mal der Comic-Salon Erlangen statt, die wichtigste deutsche Comic-Messe. Seit 20 Jahren fahre ich dorthin, um meine Bücher zu signieren, andere Comic-Zeichner zu treffen, Ausstellungen anzusehen und vor allem, um abends mit Kollegen wie Digirev und 18Metzger ein Bier zu trinken. Die große Ausstellung des amerikanischen Comic-Zeichners Charles Burns hat mich besonders beeindruckt. Burns' Originale sind genauso makellos gezeichnet, wie ich es immer vermutet hatte. Über einen peniblen Zeichner hat meine Freundin zwar mal höhnisch bemerkt: »Mit dem möchtest du nicht zusammen sein. Das dauert ewig, so zu zeichnen. Der hat nie Zeit«, aber ich möchte ja auch nicht Charles Burns’ Freundin sein. Ich finde einfach nur die Zeichnungen toll.
Ein weiterer Höhepunkt des Salons war die Ausstellung von arabischen Comic-Zeichnern aus dem Libanon, Ägypten, Jordanien, Tunesien und Marokko. Viele der präsentierten Zeichnungen beschäftigen sich mit den Ereignissen während der Revolution, bemerkenswert ist allerdings, dass es ebenso viele ruhige, poetische und sehr lustige Comics zu sehen gab, die sich von europäischen wenig unterscheiden. Es ist beruhigend, dass Comics, trotz aller politischen Wirren, immer noch ein Refugium für die individuellen Visionen und Phantasien der Zeichner sind. Comics haben nämlich historisch mit Politik gar nichts zu tun. Comic kommt von »lustig«.
Allerdings saß ich in Erlangen auch wieder auf einer Podiumsdiskussion, ausgerechnet zum Thema »Comicstrips und Politik«. Mit auf dem Podium saßen Schwarwel, der »Editorial Cartoons« macht, Arne Jysch, der sein erstes Buch »Wave and Smile«, einen Action-Comic über den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, präsentierte, und David Füleki, ein Manga-Zeichner, der einen Comicstrip für das SPD-Magazin Vorwärts zeichnet. In der Vergangenheit neigte ich bei diesen Anlässen dazu, die Rolle des Provokateurs einzunehmen. Diesmal hielt ich mich vorsorglich zurück. Zum Glück übernahm Schwarwel gleich diesen Part.
Als allerdings über eine Zeichnung von David Füleki diskutiert wurde, die als Pointe Automome und Nazis beim gemeinsamen Autoabfackeln zeigt, widersprach ich. Von »Extremismustheorie« hatte Füleki natürlich noch nie was gehört. Den Action-Comic von Arne Jysch fand ich dagegen formal beindruckend, auch die Rechercheleistung beeindruckte mich, ich wendete aber auch ein, dass er linksradikaler Kritik sicher nicht standhalten kann. Die Geschichte ist eine Mischung aus »Apocalypse Now« und »Rambo«, da erübrigt es sich zum Beispiel, über Geschlechterrollen zu reden. Schwarwel hielt das Werk irrtümlich sogar für eine Auftragsarbeit der Bundeswehr. Als es dann darum ging, wie weit der Comic mit seinem Humor gehen kann, fragte Schwarwel mich: »Kannst du über Judenwitze lachen?« Ich: »Nein. Darüber kann ich nicht lachen.« Irgendwie fand er das enttäuschend.