Die Reaktion

Die Reaktionen, von denen wir vorige Woche berichteten, waren nur die Vorhut. Jetzt geht es erst richtig los. Diesmal diskutierten unsere Leserinnen und Leser, aber auch unsere Autorinnen und Autoren und auch wir hier in der Redaktion eigentlich nur über eines: Vorhäute. Anlass waren die öffentliche Debatte und die Artikel im Heft (28/12 und 27/12) und verschiedene Beiträge im Jungle-Blog. Auf der Disko-Seite geht die Debatte nun weiter. Im Blog kommentierte Gabriele B.-N.: »Das Grundgesetz muss nicht geändert werden, um die Zirkumzision weiter zu erlauben, das Elternrecht lässt eine Vielzahl von medizinisch nicht indizierten Eingriffen zu, die die Unversehrtheit des Kindes verletzen. Dazu zählen: Das Stechen von Ohrlöchern, die Verabreichung oder Verweigerung von Impfungen, nicht medizinisch indizierte prophylaktische medizinische Eingriffe, kosmetische Korrekturen, Teilnahme am Leistungssport. (Das Rauchen von Eltern sei nur am Rande erwähnt.) Wenn man all dies erlaubt, aber nur religiös motivierte Eingriffe verbietet, dann muss man sich fragen lassen, warum.« Albrecht K. meinte: »Wer fordert, es müsse wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass das Abschneiden von Teilen des Körpers eine Körperverletzung sei, dem ist wohl wirklich nicht mehr zu helfen. Allein schon die Darstellung der Penisvorhaut als ›ein paar Zentimeter Haut‹ ist sachlich falsch, denn Verlust von solchen Zentimetern normaler Haut wird vom Körper geheilt, während die Vorhaut nicht nachwächst.« Auf Facebook wurde ebenfalls gestritten. Tim K. schrieb: »Die Frage des Kindeswohls kann kontrovers diskutiert werden, aber in dieser Hinsicht habe ich bisher noch wenige gute Argumente gehört, wie Beschneidungen dem Kindeswohl dienen würden.« Und Yohannan B. bemerkte: »Naturwissenschaftliche Erkenntnisse sollten nicht Grundlage für die Gesetzgebung sein. Gesetze beruhen auf philosophischen Erkenntnissen und Denkweisen, nicht auf naturwissenschaftlichen. Sonst könnten wir die Gesetzgebung ja ganz der Naturwissenschaft überlassen. Die würde dann auch das Tierschutz­gesetz aufheben.«