Top down

Talmi

Für die etwas frivoleren Besucher der Frankfurter Buchmesse ist der Rowohlt-Empfang stets ein ganz ­eigenes Vergnügen – findet er doch traditionell im Schirncafé statt, dessen Besuchertoilette den wildesten Träumen eines japanischen Perversen entsprungen zu sein scheint. Zahlreiche Möglichkeiten der Genital- und Analreinigung, der Befeuchtung und Trocknung der Intimregion stehen in der vollelektronischen Nasszelle zur Verfügung; Diskussionen über die Lieblingsfunktionen stiften angenehm vulgäres Gelächter. Nun ist das Vergnügen angeschickerter Literaturbetriebsnudeln auch für zu Hause zu haben. Großflächig bewirbt die im schweizerischen Rapperswil beheimatete Geberit AG Toiletten, die mit Wasserstrahl gegen hartnäckige Verkrustungen vorgehen. »Wir leben noch immer in einer vorherrschenden Kultur der Papierbenutzung und Trockenreibung«, erläutert Dr. Karl Spachmann, Sprecher des Analduschenvereins, und im TV-Spot tanzt eine halbnackte Maid durch einen Katarakt, »Ich liebe Wasser« flötend. Das Thema ist delikat: Denn im Unterschied zur Monatsbinde geht es hier nicht um hygienisch Notwendiges, sondern ums reine Plaisir, um infantile Rosettenbespaßung. So bietet der Aqua­Clean 5 000plus eine Massage- und Ladydusche, einen Föhn – und eine Fernbedienung, falls man einem arglos defäkierenden Partygast mal aus dem Wohnzimmer heraus eine unerwar­tete Freude machen will.
Wenn die Kriege dieses Jahrhunderts, wie allgemein erwartet, sich hauptsächlich ums Wasser drehen werden, so hat Deutschland jedenfalls schon jetzt Gelegenheit, sich zu rüsten: Der »individuell regulierbare Duschstrahl« wird die Dürreflüchtlinge von morgen im Zaum halten, sie zurück nach Lampedusa spülen!

Leo Fischer ist Chefredakteur des Satiremagazins »Titanic«.