Die Reaktion

»Liebe Redaktion! Ich habe gestern eure ›Reaktion‹ (37/2012) gelesen und Kim B.’s Kritik an dem Dossier (36/2012), das ihr veröffentlicht habt. Ich fand das Dossier sehr gut, insbesondere da ich mich kurz davor durch ›Unbehagen der Geschlechter‹ hindurchgearbeitet hatte und mich durch das Dossier bestätigt sah, dass es mir gelungen war, den zentralen Punkt in Butlers Argumentation zu finden, nämlich die Immanenz des Diskurses, und die Kritik an diesem zentralen Argument ist auch berechtigt. Über Butlers Positionen zu Israel habt ihr an anderer Stelle informiert. Allerdings fehlte der zentrale Punkt: Judith Butler stellt die Existenz Israels in Frage, und mit BDS unterstützt sie eine Kampagne, deren Ziel es ist, die Existenz Israels zu untergraben. Dass sie dies auf gewaltfreie Weise tut, ist zweitrangig, und eigentlich ist auch die Einschätzung von Hamas und Hizbollah als linke Gruppen zweitrangig. In der deutschen Diskussion wurde dies meist nur als kompletter Unsinn und als Dummheit kritisiert, etwa von Micha Brumlik, aber nicht als eine Position Judith Butlers, die man ernst nehmen muss. Sie kritisiert Hamas und Hizbollah nur wegen deren Methoden, aber nicht wegen deren Ziele, und BDS unterstützt sie, weil BDS die gleichen Ziele auf gewaltfreie Weise verfolgt. In der Veranstaltung im Jüdischen Museum hat sie dann wohl die Katze aus dem Sack gelassen: Sie spricht sich für eine Ein-Staaten-Lösung aus, ohne zu überlegen, wie das mit Menschen, die Israel ›ethnic cleansing‹ vorwerfen, funktionieren soll. Vielleicht müsste dieser Punkt noch einmal klargestellt werden, und vielleicht schaffen es die Menschen dann, die Frage, ob man ein Antisemit sei, wenn man dieses oder jenes sagt, einfach mal beiseite zu lassen?! Viele Grüße, Susanna Haeberlen«.