Palästina und die UN

Ein Stuhl für Abbas

Die diplomatische Aufwertung der Palästinensischen Autonomiebehörde ist ein Erfolg der Delegitimierungskampagne gegen Israel.

Endlich nicht mehr allein: »Der Heilige Stuhl begrüßt die Entscheidung der Generalversammlung, durch den Palästina zum Beobachterstaat der Vereinten Nationen wurde«, ein Status, den seit dem UN-Beitritt der Schweiz nur der Vatikan innehatte. Ein Repräsentant der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) darf nun zwischen denen Pakistans und Palaus Platz nehmen.
Unmittelbare praktische Folgen hat diese diplomatische Aufwertung nicht. Die PA darf nun Klagen beim Internationalen Strafgerichtshof (ICC) einreichen, dessen Chefanklägerin Fatouh Bensouda jedoch bislang nicht den Eindruck erweckt hat, sie lasse ihre Ermittlungen von populären Ressentiments leiten. Sollte es doch zu einem Verfahren kommen, kann die israelische Regierung darauf verweisen, dass ihr Militär den welweit wohl strengsten Vorschriften für den Schutz der Zivilbevölkerung unterliegt und Verstöße juristisch untersucht werden. Verklagt werden könnte aber auch die PA, die nach internationalem Recht für Gaza und den von dort ausgehenden Raketenbeschuss verantwortlich ist.
Wer einen Staat gründen will, sollte das von ihm beanspruchte Territorium kontrollieren. Abbas kann derzeit nicht beanspruchen, der »einzige legitime Repräsentant« – so die gängige Formel der Diplomatie – des angestrebten Staates zu sein, und dass nicht uneinsichtige israelische Besatzer, sondern islamistische Putschisten Gaza beherrschen, dürfte den Vertretern der 138 Regierungen, die Palästina zum Beobachterstaat erklärten, bekannt sein. Sie hätten ja auch Tibet anerkennen können, zumal der Dalai Lama viel besser zum Papst passt als Abbas. Doch es sollte Palästina sein, und eben darin liegt die politische Brisanz dieser Entscheidung. Sie macht deutlich, dass die politische Delegitimierung und diplomatische Isolierung Israels erfolgreich vorangetrieben wird. Diesmal haben sich auch zahlreiche EU-Staaten gegen die israelischen Interessen gewandt. Deutschland gab den abwägenden Denker und enthielt sich. Einerseits wollte man den Israelis wegen der Siedlungspolitik eins auswischen, andererseits meint Außenminister Guido Westerwelle, »zum jetzigen Zeitpunkt« sei die Aufwertung der PA unangebracht. Mit Israel stimmten nur die USA, Kanada, Panama, Tschechien, die Marshall-Inseln, Mikronesien, Nauru und Palau.
Die Abstimmung in der vergangenen Woche war der bislang größte diplomatische Erfolg der Delegitimierungskampagne gegen Israel. Das schwächt jene Israelis, die meinen, ihre Regierung könne mehr für den Frieden tun, und begünstigt rechte Trotzreaktionen wie den nun angekündigten Ausbau der Siedlungen in der Westbank. Ein Irrglaube ist hingegen die Ansicht, die Aufwertung stärke Abbas und die »Gemäßigten«. Tatsächlich bestärkt sie Abbas in der schon von seinem Vorgänger Yassir Arafat gehegten Illusion, eine Internationalisierung des Konflikts bringe die Staatsgründung näher. Um seine Position zu stärken, müsste Abbas jedoch die PA von einem klientelistischen Netzwerk zur Verteilung ausländischer Hilfszahlungen in eine Insitution transformieren, die eine Entwicklungspolitik ermöglicht und so eine attraktive Alternative zur Herrschaft der Hamas in Gaza schafft. Geschieht dies nicht, muss Palästina schon vor der offiziellen Gründung als gescheiterter Staat gelten.