Fashion Show

Ganz entgegen F. Scott Fitzgeralds berühmter Feststellung, es gebe in Amerika niemals einen zweiten Akt, wurde Barack Obama nun zu einer zweiten Amtszeit vereidigt. Wenn man allerdings die Berichterstattung über dieses Ereignis in irgendeiner Form als Anhaltspunkt nehmen kann, dann geht es in der Politik – selbst wenn es mal einen zweiten Akt gibt – doch eher um die Kostüme als um die Handlung. Traurig, aber wahr: Während Amerika am Abgrund taumelt, verbrachten die Medien die meiste Zeit nicht damit, zu berichten, welche Pläne Obama für die Zukunft hat, sondern damit, darüber zu diskutieren, was seine Ehefrau trägt. Falls Sie es verpasst haben sollten – es war ein nicht eben teueres, aber dennoch geschmackvolles Ensemble von J. Crew, etwas, das sie offenbar für passend hielt für eine Party, bei der viele kaum das Geld haben, überhaupt irgendwas anzuziehen. Die Medien dagegen klagten über den Mangel an Prunk und Pracht. Sie sehnten sich nach den Tagen, in denen Nancy Reagan noch Designerkleider trug, selbst wenn ihr Ehemann seinen Bürgern nur Ratschläge über Gemüse oder Ketchup gab.
Wer weiß, vielleicht liegen die Medien gar nicht so falsch. Vielleicht sollten wir einfach wie die Lords und Ladys auf der Titanic unsere Abendgarderobe anlegen. Immerhin haben wir nicht mehr lange, um sie zu tragen. Doch wir sollten auch schauen, wie die andere Hälfte lebt in diesen schwungvollen Zeiten. Meine Damen und Herren, Vorhang auf für die »Spring Fling Fashion Show of the People«!
Als ersten auf dem Catwalk haben wir John Q. Public. Er trägt ein Pappschild, das ihm erlaubt, gleichzeitig seine kalte Brust zu wärmen und seinen Willen zur Schau zu stellen, für etwas zu Essen wirklich jede Art von Arbeit anzunehmen. Ihm auf den Fersen ist Trixie Working Girl. In ihren hochhackigen Schuhen und einer Leopardenmuster-Strumpfhose bessert sie ihr Walmart-Gehalt auf, indem sie genau jene Heißblütigkeit zur Schau stellt, die die Männer dazu animiert, ihre Brieftaschen zu öffnen. Nicht einmal Pretty Woman hatte es jemals so gut wie diese Prinzessin mit Nebenjob, wenn sie ihren Arsch, diese heiße Ware made in America, zum Kauf anbietet. Und wer folgt da den beiden auf dem Weg durch die Menge? Es sind Cindy Joe und Bobby Lee, die liebreizenden Kinder der beiden. Wie Honey Boo Boo, die wir alle aus dem Fernsehen kennen, sind sie bereit, ein Kostümchen anzuziehen, nur um ein Lächeln auf unsere Lippen zu zaubern, während knappe Mode in Übergröße ihre Dehnungsstreifen überdeckt.
Weniger ist mehr in dieser Modesaison in Amerika, und nichts ist faszinierender als weniger Inhalt. Also bleiben Sie dran für die nächste Phase von Obamas Präsidentschaft, den dritten Akt, in dem wir sehen, was er und seine Frau auf der Reise den Bach hinunter tragen.

Die ungekürzte englische Fassung finden Sie hier.