A hard day’s night

Der Beruf Haustier und seine Bedeutung haben im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts eine enorme Wandlung erfahren. So lebten die Tiere früher zwar tatsächlich im Haus, galten aber trotzdem eher als Nutz- oder Arbeitstiere und hießen im Allgemeinen Esel, Huhn, Kuh oder Kaltblüter. Diese Tiere werden heute kaum noch als Haustiere eingesetzt, die meisten sind arbeitslos geworden oder werden in riesigen Lagern gerade so am Leben gehalten. Ihren Job haben modernere Tiere übernommen. Tiere, die einerseits nicht so viel Schmutz machen, also zum Beispiel Meerschweinchen und Kanarienvögel, und die andererseits auf ihrem Arbeitsplatz, der häufig als Stadtwohnung bezeichnet wird, besser vortäuschen können, sie seien liebenswert und würden es mögen, den ganzen Tag angefasst zu werden. Ihr Lohn wird in der Regel ausschließlich durch freie Kost und Logis abgegolten, zusätzliche geldwerte Ersatzleistungen wie eigene Toiletten, Wärmedecken, Bürsten oder Kratzbäume tragen kaum zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei. Haustier sein ist ein Abrufjob, oft werden sie stunden-, gar tagelang nicht eingesetzt, müssen aber trotzdem in ständiger Rufbereitschaft sein. Dann wieder haben sie so viel zu tun, dass das Arbeitspensum kaum zu schaffen ist. Bellen, hochspringen, schnurren, »spielen«, ablecken, Hände schütteln, kraulbereit und niedlich sein, singen, ständig darauf achten, was ihr Arbeitgeber will, das sind nur einige der vielfältigen Anforderungen an diese Tätigkeit.
Die Vorteile dieses Jobs sind aber auch nicht von der Hand zu weisen, so haben die meisten Haustiere eine zugesicherte Behandlung im Krankheitsfall ohne Lohnverzicht, auch führen Mundgeruch, stinkendes Fell und ernsthaftes Übergewicht selten zum Rauswurf.
Trotzdem muss eine nicht geringe Anzahl dieser Jobber im Laufe ihres Lebens ein- oder gar mehrmals zum Arbeitsamt, da bei Zerwürfnissen mit dem Arbeitgeber keinerlei Kündigungsschutz besteht. Das Leben auf diesen Arbeitsämtern, euphemistisch »Tierheime« genannt, kann man mit einer Hartz-IV-Herabstufung vergleichen. Die Wohnung wird deutlich kleiner, die täglichen Zuwendungen auf ein Minimum reduziert und fast jeden Tag müssen Bewerbungen überstanden werden, um möglichst schnell wieder in ein neues Arbeitsverhältnis zu gelangen.
Ist das Haustier eine Katze und besitzt ein besonderes Merkmal wie zum Beispiel einen Hitlerbart oder eine Augenfehlstellung, wird es häufig noch einem Zweitmarkt zur Verfügung gestellt, dem »cat-content« im Internet. Das Recht am eigenen Bild gilt nicht für Haustiere und auch eine gesonderte Bezahlung wird nicht geleistet. Haustier zu sein, das ist meist ein Job für echt arme Schweine, da hilft auch kein Halsband mit Swarovski-Kristallen.