Deutsche Neonazis solidarisieren sich mit den griechischen von Chrysi Avgi

Die Achse Fürth – Athen

Die Empörung deutscher Neonazis über das Vorgehen des griechischen Staats gegen die Nazipartei Chrysi Avgi ist groß. Nur ­die NPD verhält sich auffällig ruhig.

»Zusammenhalt kennt keine Grenzen – Solidarität mit der Golden Dawn.« Das stand vor kurzem auf einem Transparent der Jungen Nationaldemokraten, das auf einer von der Organisation veran­stalteten Demonstration »gegen Repression und Polizeiwillkür« im sächsischen Döbeln präsentiert wurde. Neben der Losung war das Transparent mit dem Weiß-Blau der griechischen Fahne und dem an das Hakenkreuz angelehnten Emblem der nationalsozialistischen Partei Chrysi Avgi (»Goldene Morgenröte«) versehen.

Während sich der deutsche Stammtisch über die »Pleitegriechen« ereifert, üben sich verschiedene rechtsextreme Gruppen in internationaler Solidarität – insbesondere seit Chrysi Avgi juristisch in Bedrängnis geraten ist. Nach dem Mord an dem antifaschistischen Rapper Killah P durch einen Sympathisanten von Chrysi Avgi waren Ende September der Parteivorsitzende Nikolaos Michalo­liakos sowie ein Großteil der Parteiführung und Parlamentsabgeordneten wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung, der Verwicklung in verschiedene Morde und Mordversuche, der Schutzgelderpressung, von Bombenanschlägen, rassistischen Übergriffen sowie zahl­reicher weiterer Straftaten festgenommen worden. Dagegen wurde in diversen Foren der rechtsex­tremen Szene in Deutschland protestiert, da es sich um Justizwillkür handele.
So wurde auf der Seite dortmundecho.org, die der Partei »Die Rechte« nahesteht, zu öffentlichkeitswirksamen Solidaritätsbekundungen mit der »Widerstandsbewegung« Chrysi Avgi vor griechischen Konsulaten in Deutschland aufgerufen. Unter dem Aufruf finden sich auf der Seite die vermeintliche Adresse und die Telefonnummer des griechischen Konsulats in Dortmund und eine Aufforderung zu »permanenten Protestanrufen«. Dass das griechische Konsulat in Dortmund bereits seit einigen Jahren nicht mehr existiert, war den Nazis offensichtlich entgangen.
Besser klappte es in München. Dort hatte das Kameradschaftsnetzwerk »Freies Netz Süd« (FNS) zu einer »Mahnwache gegen die Verfolgung der Chrysi Avgi« am 3. Oktober vor dem griechischen Generalkonsulat aufgerufen, an der nach Angaben der Polizei 30 Rechtsextremisten teilnahmen. Die Demonstration fand im Zusammenhang mit globalen Aktionstagen rechtsextremer Gruppen statt, die unter anderem in Spanien, Großbritannien, Italien, Frankreich und Kolumbien vor griechischen Vertretungen ihre Solidarität mit den Inhaftierten zum Ausdruck brachten. Auf Flugblättern wurden in München »die sofortige Freilassung aller festgenommenen Mitglieder der Chrysi Avgi, der Rücktritt der antigriechischen Regierung in Athen und sofortige Neuwahlen« gefordert. Auf der Veranstaltung vor dem wegen des Feiertags geschlossenen Konsulat sprach der fränkische Neonazi Matthias Fischer, ein führendes Mitglied des FNS aus Fürth. Fischer tut sich seit einiger Zeit als wichtiger Verbindungsmann zwischen deutschen und griechischen Neonazis hervor.

Nach einem vom FNS organisierten Besuch einer Delegation der Chrysi Avgi in Nürnberg im November 2012, an dem auch Vertreter der NPD Rheinland-Pfalz und der Holocaust-Leugner Ernst Zündel teilnahmen, folgte Fischer im Februar gemeinsam mit dem Nürnberger Stadtrat Sebastian Schmaus von der »Bürgerinitiative Ausländerstopp« und weiteren Kadern einer Einladung der griechischen Partei nach Athen. Dort nahmen die Deutschen am sogenannten Imia-Marsch teil, der nach Angaben des Antifaschistischen Pressebüros und Bildungsarchivs Berlin (Apabiz) mit annähernd 10 000 Teilnehmern und großer internationaler Beteiligung den »Trauermarsch« in Dresden als den größten europäischen Naziaufmarsch ab­gelöst hat. Des Weiteren besichtigten sie dort die Parlamentsbüros der Chrysi Avgi und trafen mit Parteiführer Michaloliakos zusammen. Euphorisch hieß es damals im Reisebericht auf der Seite des FNS: »Die Partei wirkt über die Grenzen Griechenlands hinaus als Fanal für alle nationalistischen Gruppen und Organisationen auf dem Kontinent. Alle Besucher aus Deutschland waren sich darin einig, dass genau mit diesem selbstlosen Einsatz und der überwältigenden Opferbereitschaft auch in anderen Ländern des Abendlandes die schlafenden Massen noch erweckt werden können, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen stimmen.« Anfang des Jahres kursierte die unbestätigte Nachricht von der Gründung einer Parteizelle der Chrysi Avgi in Nürnberg.
Doch während Vertreter der freien Kameradschaftsszene »griechische Zustände« in Deutschland herbeisehnen und Begeisterung über den Aufstieg der »Goldenen Morgenröte« und Empörung über die Festnahmen zeigen, sind die Re­aktionen der NPD auf die jüngsten Ereignisse erstaunlich dürftig. In einer kurzen Mitteilung im Presseportal der Partei wird lediglich ein rechtsstaatlicher Umgang mit Chrysi Avgi eingefordert, mit dem Zusatz, dass die NPD Gewalt als Mittel ablehne und nachgewiesene Straftäter verurteilt werden müssten.
Dabei pflegte die NPD unter der Führung von Udo Voigt über Jahre äußerst enge Beziehungen zur Chrysi Avgi. »Voigt hatte ein großes Faible für internationale Kontakte und Auslandsreisen. Seit er nicht mehr Vorsitzender ist, sind die außenpolitischen Bestrebungen der NPD zur europäischen Vernetzung merklich zurückgegangen. Die Funkstille auf diesem Gebiet hat aber natürlich auch mit den gravierenden Finanzproblemen der Partei zu tun«, sagt Ulli Jentsch vom Apabiz der Jungle World.
Ein weiterer entscheidender Grund für die ausbleibende Anteilnahme der NPD ist ideologischer Natur. 2010 hatte die nordrhein-westfälische NPD in Düsseldorf vor einem griechischen Konsulat demonstriert. Damals lautete das Motto: »Deutsches Geld für deutsche Interessen – keine Finanzhilfen für Griechenland!« Die Funktionäre der Chrysi Avgi zeigten sich damals sehr enttäuscht über »die unglückliche, ideologisch leere und materialistische Kundgebung der deutschen NPD«, wie es in einer Stellungnahme hieß. Die NPD verleihe mit solchen Aktionen lediglich »der primitiven, wirtschaftlich bedingten Abneigung der Deutschen gegen die Griechen insgesamt Ausdruck, um ein paar Stimmen zu ergattern und sich der herrschenden Klasse anzubiedern«.

Zwar sind die Kontakte zwischen NPD und Chrysi Avgi nicht vollständig abgebrochen, wie unter anderem die Teilnahme von rheinland-pfälzischen NDP-Funktionären und JN-Mitgliedern an Soli­daritätskundgebungen und Besuchen beweisen. Dennoch geht die braune Solidarität mit Griechenland in erster Linie von Nazis aus, die keinen NPD-Mitgliedsausweis haben.