Talmi

Namenslyrik

Bizarres Phänomen der Literaturwissenschaft: Der Name so manches Germanisten ist die beste Werbung für sein Fach. So lässt sich aus dem inneren Lyrismus eines Namens wie Clemens Pornschlegel eine ganze Poetik deduzieren, lasziv zwischen Schlegel-Romantik und Pornosex irrlichternd. Oder York-Gothart Mix! Automatisch imaginiert man knarrende Holzdielen, schwere Vorhänge, Kaminfeuer, wie es der altväterlich-gediegene Vornamen-Mix nicht anders gestattet. Und ebenso selbstverständlich ergibt sich, dass Mix sich vor allem in der Almanach- und Kalenderforschung einen Namen gemacht hat und zu Hause, neben ewigen und wiederkehrenden Kalendern, sicher allerhand Sonnen-, Wasser- und Blumenuhren, Sextanten und Astrolabien aufbewahrt. Andererseits der Mix! Dieser freche Lausbub von einem Nachnamen! Er wirft kleine Kieselsteine durchs Fenster und bringt die Kalenderordnung mutwillig durcheinander. Chaotischer und pedantischer Irrsinn, in einer bemerkenswerten Forscherpersönlichkeit vereint. You get your kicks from Gotthart Mix!
Hingegen: Wiebke Porombka! Ein herrlicher Rhythmus hüpft durch diesen Namen, schwingt gleichsam walzerhaft über die beiden Nasal-Labial-Hügel, die sich inmitten der Zwillingslandschaft von Vor- und Nachnamen erheben. Es lässt sich keine Tätigkeit vorstellen, bei der Wiebke Porombka nicht leise vor sich hinsummt – einfach weil ihr der eigene Name so viel Freude macht. Er klingt wie für ein Kinderbuch erfunden: »In einer Hütte im Wald lebte eine weise Frau, die nur als die alte Wiebke Porombka bekannt war.« Oder, noch schöner, für einen Kinderreim: »Wiebke Porombka, komm doch zu mir!/Einen Dukaten schenke ich dir./Greifst du in meine Hand/schling ich um dich mein Band./Wiebke Porombka, tanze mit mir!« Heißa, Kathreina bzw. Porombka!