Here he comes, he is all dressed in black
Lou Reed. Auf die Lebertransplantation im Mai folgten Komplikationen, Laurie Anderson befürchtete, dass ihr Mann sich niemals von der Operation erholen würde. Seine Gesundheit lieferte schon 1975 Gesprächsstoff: »Warum gibt es diesen Typen immer noch, dessen ganze Karriere seit 1966, als The Velvet Underground total kaputt auftauchten, auf Zuckungen im Endstadium basiert?« fragte Lester Bangs und beschrieb Lou Reeds »transzendental ausgemergelte Gestalt«. Reed zählte zum Künstlermilieu des East Village, lebte mit John Cale zusammen und ließ The Velvet Underground von Andy Warhol managen – Pop traf auf Kunst. Die Band war verruchter, avantgardistischer und cooler als die anderen, Reeds Lyrik beschäftigte sich mit Heroin, Selbstmord, Prostitution. Themen, die Lou Reed auch im Laufe seiner 1972 begonnenen Solokarriere umtrieben. In den Morgenstunden des 27. Oktobers ist Lou Reed im Alter von 71 Jahren gestorben. Er war einer der bedeutendsten Popmusiker des 20. Jahrhunderts. oko
Chips und Cola
Deutsche Helden. »Quote, Quote und nochmals Quote« – anlässlich einer Laudatio auf den ZDF-Moderator Klaus Kleber, der mit dem Karl-Carstens-Preis ausgezeichnet wurde, schenkte Norbert Lammert dem deutschen Fernsehen ein. Dabei verurteilte er vor allem den Qualitätsverlust des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und stellte das System der Rundfunkgebühren in Frage. Aber auf welche glorreiche Fernsehvergangenheit bezog er sich überhaupt in seiner Rede? Ach, egal, Kommentare über die Qualität des Fernsehens sind nicht klüger als die über das Wetter, die Deutsche Post oder die Bahn. Trotzdem: Ein Programmtipp, der Lammert beschwichtigt hätte: »Die deutschen Meister«, moderiert von Kai Pflaume, läuft jetzt ständig im Ersten. »Die schnellsten, klügsten, geschicktesten und stärksten Deutschen«, heißt es auf der Website, treten hier gegeneinander an. »Stadt-Land-Fluß«-Experten messen sich mit »Tatort«-Spezialisten. Nie war es einfacher, dem GEZ-Mann lächelnd einen Kaffee anzubieten. Oder? oko
Als was gehst du?
Halloween. Es gibt Anlässe, die derart schräg sind, dass sie niemals zu einer vernünftigen Party taugen werden. Weihnachten gehört dazu, genauso das lästige Silvesterfest, das beinahe jedes Jahr für Enttäuschungen gut ist. Zum Glück gibt es Halloween. Anfangs hakte es hierzulande noch beachtlich: Keine Süßigkeiten für die klingelnden Kinder im Haus; Halloween-Partys, auf denen man der einzige mit Verkleidung war; Halloween-Kostüme, mit denen U-Bahn-Fahrten zur Hölle wurden und so weiter. Inzwischen ist der Traditionsimport auch in Deutschland etabliert. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov hat ergeben, dass 2013 jeder fünfte Halloween feiern will, unter den 18 bis 34jährigen ist es jeder Dritte. Verglichen mit allen anderen zurechtphantasierten Partyanlässen sind das immer noch verdammt wenige. Was ist los? Vermutlich ist das fehlende Talent für kreative Kostümierung verbreitet. Es soll ja Halloween-Partys geben, zu denen wirklich jeder als Zombie geht. Das ist nicht gruselig, es ist traurig. oko
Gewalt im Ausdruck
Sly Stallone. Peter-Paul-Festung? Eremitage? Newski-Prospekt? Was Sankt Petersburg bislang zu bieten hatte, verblasst neben einer neuen Attraktion. Das Russische Museum hat Hollywood-Actionstar Sylvester Stallone eingeladen, seine Malerei auszustellen. 36 Gemälde sind nun zu bestaunen. Der Museumsdirektor sieht scheinbar einen gewissen Rechtfertigungsdruck und versicherte, die Schau sei durchaus ernst gemeint. Slys Gemälde zeigen – und hier kommt die Pointe –, wie aggressiv unsere Welt ist. Wer könnte das plausibler tun als er. oko