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Sie wissen, wie es in Tschernobyl aussieht. Das Ding war nicht mehr zu flicken, reichlich Ungesundes verströmte es, und so hat man einfach fett Beton drübergegossen, fertig. So ähnlich, dachten wir, müsste man mit unserer Küche auch verfahren. Nachdem zuerst der Backofen und dann auch noch die Spülmaschine ihren Geist aufgegeben hatten, wandelte sich der Raum nach und nach zu einer verbotenen Zone. Und dann: broken windows theory, Sie kennen das. Wenn Gäste kamen, haben wir sie rasch und möglichst unauffällig an diesem Schandfleck vorbeigeführt, selbst betraten wir die ehemalige Küche nur noch, um uns zu vergewissern, ob nicht doch mal über Nacht Heinzelmännchen alles wieder hübsch gemacht hatten – vergebens. Doch anders als bei Tschernobyl sind die Heinzelmännchen oder -weibchen schließlich doch noch gekommen. Eine neue Spülmaschine, ein neuer Herd standen plötzlich da, und sofort begannen die ersten Kolleginnen und Kollegen mit den aufwendigen Bergungsarbeiten. Und nun: Sogar das Geschirr glänzt wieder, dass Meister Proper seine Freude daran hätte.
Freude könnte aber auch bei Ihnen aufkommen. Denn am Freitag, dem 1. November, startet auf unserer Homepage jungle-world.com ein neues Blog mit dem Titel »Der Fortsetzungsroman«. Darin wird Sven Re­gener, den Sie durch seine Band Element of Crime und seine Roman-Trilogie rund um Herrn Lehmann kennen, sein neues Buch veröffentlichen – Tag für Tag. Der Roman heißt »Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt« und wird Ihnen bei uns Häppchenweise serviert. Auch hier taucht wieder Herr Lehmann auf, im Mittelpunkt steht diesmal jedoch sein bester Freund Karl Schmidt, und diesmal geht die Reise quer durch die Rave- und Techno-Welt der Nachwendejahre. Das erste Viertel dieser »Abenteuergeschichte« (FAZ) beziehungsweise dieses »nüchternen Schelmenromans aus dem Mittelalter der Popmusik« (SZ) gibt es in täglichen Blog-Posts für Sie für lau.
Dies wäre ein Grund zum Feiern, doch gefeiert wird diese Woche etwas anderes: die Reformation, also das Halloween für Katholiken sozusagen. Es soll tatsächlich Bundesländer geben, in denen man am 31. Oktober zwar »Reformationsbrötchen« kaufen kann, aber keine Jungle World. Dass unsere Leserinnen und Leser in diesem Teil der Galaxie ihre Zeitung erst am Freitag bekommen, tut uns aufrichtig leid. Besser haben es – zustelltechnisch – die, die auf der anderen Seite des christlichen Meridians leben und erst am Freitag ­ihren Feiertag begehen. Sie können genüsslich ihre Jungle World lesen, während sie dabei einen »Allerheiligenstriezel« verzehren. Hier in Berlin haben wir nur Halloween, wir schicken Kinder zum Betteln, frei gibt’s dafür natürlich nicht.