Wiki versus »NYT«

Der von Julian Assange betriebene offizielle Wikileaks-Account gehört nicht eben zu den informativsten Quellen auf Twitter. Wenn man die immerwährenden Klagen über Schweden als einen der großen Verbrecherstaaten der Welt sowie Ankündigungen von Auftritten, Interviews und Stellungnahmen des Gründers der Whistleblower-Plattform ausnimmt, passiert dort nicht wirklich viel, was nicht im weiteren Sinne mit Assange zu tun hat. Und so hätte ein Tweet von @wikileaks vom 25. Januar durchaus verblüffen konnen, in dessen erstem Satz zum Funding einer Internetzeitung namens »NYT Examiner« aufgefordert wurde.
Der Eindruck, dass mit dem Aufruf möglicherweise einfach nur einem Projekt von nicht eben finanzkräftigen Idealisten geholfen werden sollte, erwies sich beim zweiten Hinsehen jedoch als komplette Fehleinschätzung. »Ziehen Sie die New York Times zur Verantwortung«, stand dort nämlich zusätzlich, und »unser Redakteur Assange ist Mitglied im Beirat«. Dass @wiki­leaks voller Begeisterung zur Unterstützung eines NYT-Konkurrenzprodukts aufruft, ist durchaus folgerichtig, schließlich ist das Verhältnis zwischen beiden Parteien schon seit 2011 zerrüttet. Und die, nennen wir es wohlwollend: strikt antiisraelische Ausrichtung des Examiner entspricht schließlich durchaus den Positionen Assanges. Sie wird unter anderem durch Beiratsmitglied Richard A. Falk garantiert, der 9/11 für eine große US-Verschwörung hält und zum Beispiel 2007 einen viel kritisierten Artikel unter dem Titel »Dem palästinensischen Holocaust entgegenschlendern« verfasste, in dem er Israel mit Nazi-Deutschland verglich. Ebenfalls mit Assange im Beirat der Onlinezeitung, die täglich die Lügen der NYT aufdecken will: der Journalist John Pilger, der unermüdlich die »Machenschaften der Israel-Lobby« beklagt. Passt also alles zusammen.