Widerstand gegen Nazis bleibt in Sachsen auch abgesehen vom 13. Februar notwendig

Auf ewig nach Dresden?

Nach dem diesjährigen 13. Februar muss entschieden werden, ob eine bundesweite Mobilisierung gegen Naziaufmärsche nach Dresden auch im nächsten Jahr noch Sinn ergibt. Es gibt genügend andere Naziaktionen in der Region, gegen die Widerstand notwendig ist.

Mittlerweile besteht die Kampagne um das Bündnis »Nazifrei! Dresden stellt sich quer« (»Dresden Nazifrei«) seit fünf Jahren. Am Tag des Erscheinens dieser Ausgabe werden hoffentlich wieder Tausende Menschen bei den vom Bündnis organisierten Blockaden stehen und sitzen und gemeinsam durch zivilen Ungehorsam den Nazis in Dresden auch den letzten Rest Aktionsfähigkeit nehmen. Aber was dann?
Vorstellbar ist vieles und möglich wohl noch etwas mehr. Ziel des Bündnisses war es immer, sich irgendwann selbst überflüssig zu machen. Je nach Ablauf des 13. Februars 2014 könnte dieser Zeitpunkt nun erreicht sein. Noch für lange Zeit jährlich eine Kampagne mit diesem Aufwand zu organisieren, bei einer stetig sinkenden Zahl von Nazis an diesem Tag in Dresden, ist wenig erstrebenswert. Zudem muss, wenn die Kampagne 2014 erneut ein Erfolg wird, die Frage erlaubt sein, was nun noch kommen soll? Der Großaufmarsch ist seit 2012 Geschichte. 2013 ist auch der Fackelmarsch erstmals verhindert worden und 2014 gibt es womöglich erstmals einen Tag ganz ohne Naziaktion in Dresden – und nun? Ist alles gut? Dresden nazifrei?

Ganz sicher nicht, allerhöchstens einen – vielleicht den wichtigsten, aber eben nur einen – Tag im Jahr hat man den Nazis genommen. Womöglich sogar langfristig. Dem steht nur der Ausblick auf den 70. Jahrestages der Bombardierung Dresdens im kommenden Jahr gegenüber. Aber wie ist die Situation sonst? Eine Kleine Anfrage der Fraktion »Die Linke« im Dresdner Stadtrat hat erst kürzlich ergeben, dass sich die Zahl der Anmeldungen nazistischer Gruppen nach dem Versammlungsrecht zwischen 2006 und 2013 von einer auf 13 erhöht hat. Es sind also viele kleine Aktionen an die Stelle eines Großaufmarsches getreten. Hinzu kommt die verstärkte Mobilisierung zum 17. Juni und ganz neu ist die Verlegung des sogenannten »Tags der deutschen Zukunft« (TddZ) aus dem Norden Deutschlands nach Dresden – Datum: 7. Juni. Neue Events für die rechte Szene sollen also an die Stelle des 13. Februar treten.
Der 13. Februar scheint also nach und nach selbst für den harten Kern der Szene an Bedeutung zu verlieren. Zu deutlich und frustrierend waren die Niederlagen in den vergangenen Jahren, herbeigeführt durch das Bündnis »Dresden Nazifrei«. Mittlerweile gibt es handfesten Streit unter den Nazis zwischen denjenigen, die einen Marsch in Dresden am Jahrestag der Bombardierung nicht aufgeben wollen, und denjenigen, die keine Lust mehr haben, sich alljährlich stundenlang bei winterlichen Temperaturen die ­Beine in den Bauch zu stehen und sich womöglich noch gegen Schneebälle seitens der Gegen­demonstrantinnen und -demonstranten abzuschirmen.

Wie also soll es weitergehen? Das Bündnis selbst wird in Ruhe den 13. Februar 2014 auswerten und dann im Konsens aller Bündnispartner entscheiden, ob es eine weitere Kampagne geben soll – oder eben nicht. Die Entscheidung ist – wie in den vergangenen Jahren auch – abhängig von vielen Faktoren. Letztendlich muss die Frage beantwortet werden, ob es noch ein weiteres Jahr nötig ist, für den 13. Februar nach Dresden zu mobilisieren. Oder ob die Menschen in der Stadt Dresden selbst nun ausreichend sensibilisiert sind, um den Tag nicht wieder den Nazis zu überlassen, wenn »Dresden Nazifrei« seine Arbeit einstellt. Der Diskurs um das Gedenken und Erinnern in Dresden muss weitergeführt werden und ist noch lange nicht zufriedenstellend. Doch weitreichende Veränderungen auf diesem Gebiet brauchen viel Zeit, Diskussionen und Überzeugungsarbeit und sind nicht mit einer Aktionskampagne zu leisten.
Die antifaschistische Arbeit aber darf nicht enden, nicht nachlassen, muss das ganze Jahr über geleistet werden. Erste Ansätze für Kampagnen gegen den TddZ sind zu erkennen, gegen den Naziaufmarsch am 17. Juni mobilisiert bereits seit zwei Jahren ein Bündnis, das ähnlich breit ist wie »Dresden Nazifrei«. Dresden war, ist und bleibt ein Mittelpunkt der rechten Szene in Deutschland. Auch weil im Freistaat Sachsen die Bedingungen für Nazis besser sind als in den meisten anderen Bundesländern. Auf ewig Dresden also? Womöglich, nur wohl nicht mehr am 13. Februar. Aber blockieren im Sommer ist ja auch keine ganz schlimme Vorstellung.

Unser Autor ist Sprecher der Kampagne »Nazifrei! Dresden stellt sich quer«.