Hoch gepokert

Der Job, mit dem ich mich heute beschäftige, hat eine vollkommene neue Deutung erfahren. Früher war seine Ausübung ein Zeichen von Schwäche und Kontrollverlust, nicht wenige Jobber führte er in den Ruin. Dann hat man die Berufsbezeichnung vom Deutschen ins Englische übersetzt und so wurde – ähnlich wie aus dem Hausmeister ein Facility-Manager wurde, für den man gleich einen ganzen Studiengang erfand – aus dem Spieler ein Gamer. Wow. Das ist natürlich etwas vollkommen anderes! Eine komplette schöne neue Welt wurde da erschaffen.
War der Spieler in der Regel ein Mann im mittleren Alter, der in Kneipen an Groschengräbern, also Automaten, seinen Lohn verspielte, pleite nach Hause kam und nach und nach immer ranziger wurde, wegen zu viel Bier und Zigaretten, wegen gelegentlicher verzweifelter Versuche, im Roulette auf alles oder nichts zu setzen, wegen drohender Wohnungslosigkeit und Scheidung, ist der heutige Gamer ein junger Mann (klar, manche dieser jungen Männer sind auch junge Frauen), der keine schlechten Chancen hat, Millionär zu werden. Er muss nur lange genug in der Garage oder dem ehemaligen Partykeller der Eltern hocken und dort entweder ein neues Spiel erfinden oder in einem der vorhandenen Spiele richtig gut werden. Kann der junge Mann nach Jahren der Übung, in denen er oder sie keinerlei sexuelle Ablenkung erfährt, endlich schießen, pokern, killen oder sich als Elfe in einem Computerspiel als überaus hinterhältig oder überaus geschickt und clever anstellen, dann ist die Zeit gekommen, sich von einer Firma anwerben zu lassen, nach Dingsda zu ziehen, also dahin, wo die alle sind, und ein weiteres wichtiges Spiel mitzuentwickeln. Dafür bekommt er, mit ein bisschen Glück, dann sehr viel Geld. Ist der Gamer allerdings ein Asiat, wird er eher in ein überhitztes Büro gesetzt, in dem er Tag und Nacht virtuelle Währung für ein Game erspielen muss, um diese Währung dann an faule Europäer oder Amerikaner gegen echtes Geld zu verkaufen. Davon erhält er dann einen kleinen Teil.
War also der Spieler von früher eher ein Loser, einer, der vom großen Geld träumte und dabei seine Existenz verlor, einer, der geächtet wurde, für den die Gesellschaft nicht besonders viel übrig hatte, ist der Gamer sozial anerkannt, ein typischer Vertreter der Aufstiegsgläubigen, und das, was ihn so unsympathisch macht, ist der Erfolg, den er damit haben kann. Er gefällt sich in der Rolle, die etwas Nerdiges hat, aber gleichzeitig extrem innovativ daherkommt. Die Grenzen zwischen Gamern und Game-Entwicklern sind fließend, das war beim Spieler anders, der wusste noch, dass es Produzenten und Konsumenten gibt und dass er eigentlich immer auf der Verliererseite steht. Der müffelnde, altmodische Spieler war irgendwie sympathischer.