Schöner leiden

The War On Drugs – der Name der 2005 in Philadelphia gegründeten Band mutet durchaus aggressiv an. Doch keine Angst: Musik, Erscheinung und Verhalten von Band-Chef Adam Granduciel sind eher soft. Gelitten wird natürlich trotzdem, besonders schön auf dem neuen Album »Lost in the Dream«, dessen dritter Song prompt »Suffering« heißt. Granduciel, ein verspäteter Endsiebziger-Hippie mit ausgewaschener Jeansjacke und langer Matte, der sich bei Besuchen seiner Berliner Promotion-Firma lieber auf den Büroboden setzt, als im Sessel Platz zu nehmen, und überhaupt ein ausgesprochen liebenswerter Mensch sein soll, sagte in der Radiosendung »Zündfunk« auf Bayern 2: »Alben wie Dylans ›Blood on the Tracks‹ oder Springsteens ›Darkness on the Edge of Town‹ kannst du nicht wirklich verstehen, bevor du nicht selber gelebt und echten Schmerz gefühlt hast.« Der Produktionsprozess von »Lost in the Dream« sei ein Therapeutikum gegen Gefühle des Ausgebranntseins infolge der kräftezehrenden vergangenen Tour gewesen. Und der gute alte Springsteen? Er ist die große Referenz dieser mal konzentriert driftenden, mal schwungvoll um sich selbst kreisenden Vier- bis Achtminüter: anmutige Rock-Pop-Epen mit glasklar akzentuierten, hübsch abwechslungsreich gespielten Gitarren, Klavier- und Synthiesounds, die nach räumlicher Weite, Einsamkeit und Vergänglichkeit klingen. Dazu heiser-verhangen gesungene Alltagsträume von der Vergänglichkeit des Lebens – wer bitte leidet derzeit schöner?

The War On Drugs: Lost in the Dream (Secretly Canadian/Cargo)