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In ihrer Mischung aus Intimität und Coolness suggeriert die Überschrift dieser Kolumne, dass wir alle hier, wo wir arbeiten, auch irgendwie zu Hause sind. Doch dem ist – leider und glücklicherweise – ganz und gar nicht so. Glücklicherweise, weil Kollegen ja stets nur dann erträglich sind (lieb zu sein, ist ohnehin nicht ihre Aufgabe), wenn sie einem nicht auch noch nach Betriebsschluss privat auf die Pelle rücken. Leider, weil, wer sich nur lange und regelmäßig genug zu Arbeitszwecken in irgendwelchen Räumen aufhält, diese irgendwann als sein Eigentum betrachet, selbst wenn sie »nur geliehen« (Heinz Schenk) sind. Diese Fehlwahrnehmung kann zu bösen Überraschungen führen. So hat uns in der vergangenen Geschäftsführungssitzung unsere Kassenwartin mitgeteilt, dass in diesem Jahr unerwartete Mehrkosten auf uns zukommen: Weil nämlich unser »Kollektiv« (Selbstbezeichnung) sich beim Einzug in die Büroräume in der Gneisenaustraße im infantilen Glauben an die »Allmacht des Gedankens« (Sigmund Freud) darüber hinweggetäuscht hat, dass im Stande nicht durchgesetzten »Kollektiveigentums« (Karl Marx) jedes Kollektiv in Wahrheit nur eine popelige »Samtschaft« (Ferdinand Tönnies) ist, die beim Mieten von Arbeits- und Bespaßungsräumen alle möglichen bürokratischen Prozeduren zu absolvieren hat. Zu diesen gehört, wie wir jetzt erst erfuhren, die Beantragung einer »Bauvorlage« zwecks Erteilung einer »Baugenehmigung«, die dem Antragsteller attestiert, dass das bezogene Quartier brandschutz-, flucht- und sonstwiemäßig für die Einrichtung einer Wochenzeitungsredaktion geeignet ist. Unsere Geschäftsführung hat sich (man kennt das von Fukushima) damit herausgeredet, sie sei, da in den Räumen früher ein Verlag angesiedelt war, davon ausgegangen, eine solche Genehmigung sei längst erteilt worden. Ist sie aber nicht, so dass wir mit unserem mühsam erarbeiteten Geld nun für die paar tausend Euro aufkommen müssen, die eine solche Genehmigung kostet. Und das wird erst der Anfang sein: Wird der rauchmelderresistente Auslandsredakteur sich als baurechtlich zulässig erweisen? Müssen wir die meterlangen Reihen mit Restexemplaren unseres Blattes, die unseren Flur zieren, als potentiellen Brandherd beseitigen? Muss an der Feuilletontür eine Klinke angebracht werden? Wird die Feuilleton-Chefin das dulden? Entsprechen unsere Computer der EU-Ökonorm für Elektroschrott? Was passiert, wenn das Gesundheitsamt sich unsere Küche anschaut, das wollen wir uns gar nicht erst vorstellen. Daher bitten wir Sie, uns künftig mit noch großzügigeren Spenden zu unterstützen. Vielleicht können wir dann zumindest den Fluchtweg aus dem Lektorat sichern.