Krauts und NSU-Versteher

Eigentlich wurde der Internet-Journalismus gerade vor kurzem erst neu erfunden, als die deutsche Huffington Post online ging (das ist diese Web-Zeitung, deren Existenz man alle paar Wochen bemerkt, wenn ein Link zu einem besonders, sagen wir: aparten Artikel kursiert) – aber nun ist es wirklich soweit: Der Internet-Journalismus! wurde! neu! erfunden! Halt, stopp, das ist nicht ganz richtig. Neu erfunden wurde bloß das Geldverdienen mit Internet-Journalismus: Das Projekt Krautreporter muss nur noch 900   000 Euro crowdfunden, also von geneigten Zahlern einsammeln, und dann kann es losgehen mit »gutem Journalismus: Reportagen, Recherchen, Porträts und Erzählstücken«. Guter Journalismus á la Krautreporter wird dann so gehen: Angekündigt wurde vorab unter anderem eine Reportage mit dem Titel »Im Land der professionellen Zahnreinigung«. Dazu schreibt der Autor: »Der Text denkt aber auch darüber nach, wie sich unser Zahnbewusstsein damit verändert.« Der Text, nicht der Autor? Hmmmmm. Aber es gibt ja auch noch andere angekündigte Themen: »Wie geht diese Heimat mit ihren NSU-Kindern um? Eine Nachspür-Reportage an den Geburtsort des Mördertrios und eine Zeitreise in die wilden und leeren Zeiten nach der Mauer.« Wenn sie mit den wilden, leeren Mauerzeiten und dem Nachspüren fertig ist, wird die Autorin, die in ihrer Biographie bei den Krautreportern übrigens fragt: »Habt ihr den NSU verstanden? Also ich noch nicht«, sich vielleicht mit Kapitalismuskritik beschäftigen. Konkret: Der Gruppe Tiqqun nachspüren, die als »das unsichtbare Komitee« vermutlich das Manifest »Der kommende Aufstand« verfasste. Ach ja, und natürlich wird es bei den Krautreportern um Israel gehen. Was da genau geplant ist, das schauen wir uns nächste Woche an.