Pappkameraden

Sehr dringend aufzuhören hat der Trend, etwelche Forderungen politischer Art auf Pappdeckel zu schreiben und sie dann für Facebook in die Kamera zu halten. Es ist nämlich schlichtweg nicht mehr auszuhalten mit dieser papierenen Bekennerei. Da hält die Linken-Närrin Christine Buchholz eine Pappe hin, auf der sie Solidarität für fremde Völkerscharen fordert, die sich bitteschön aber andere Verteidiger suchen sollen als die USA, denn so weit geht das Mitgefühl dann eben doch nicht, darüber den Vereinigten Staaten ihre grundbösen Weltherrschaftspläne zu verzeihen. Da sieht man einen rettungslos verstrahlten Pimpf, der sich energisch gegen Wolfgang Schäubles Behauptung stellt, die AfD sei eine »Schande« für Deutschland (»Auch ich bin also eine Schande für Deutschland? Linus, 16, Schüler«), sein Schüler- und Jungsein wohl als Anlass für grenzenlose Sympathie und nicht vielmehr Mitleid haltend.
Und es wird immer schlimmer, denn auf jede Pappkampagne folgt eine entgegengesetzte Pappkampagne: Auf eine feministische Reihe folgt eine antifeministische, der dann wieder eine parodistische folgt. Offenbar reicht es den Leuten nicht mehr, das Internet mit ihrem Gemeine vollzumachen, um der eigenenen Wichtigkeit Nachdruck zu verleihen. Es müssen unbedingt auch Bäume sterben, wo schon keine Köpfe rollen; und natürlich müssen auch die niederschmetternden Wohn- und Gesichtsverhältnisse der Aktivisten porentief dokumentiert werden. Insgeheim erkennen die Leute wohl, dass ein Hashtag noch keinen Gedanken ersetzt, und sehen dann in einem Selfie den besseren Ersatz. Eventuell werden die Leute auch noch ihre Blogbeiträge aufkritzeln und seitenweise selfiefizieren, um dem Unsinnsdruck im Kopf ein Ventil zu verschaffen.