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Stell dir vor, es ist Redaktionssitzung, und keiner geht hin. Gibt es dann endlich Frieden in der Welt? Müssen Sie dann nicht mehr von Elend und Krieg und der Linken lesen? Können Sie dann endlich gemütlich fernsehen oder in Ruhe lustige Fotos auf Facebook posten? Aber wie Sie sehen und spüren, ist es doch nicht dazu gekommen, Sie halten eine neue Ausgabe der Jungle World in den Händen. Noch einmal Glück gehabt! Denn in der zurückliegenden Produktionswoche gab es einige Härten. Vor allem waren die Redaktionssitzungen so spärlich besucht, dass man die Anwesenden fast an einer Hand abzählen konnte.
Was war geschehen? Hatte die Ebola-Epidemie die Jungle World-Redaktion erreicht? Nein, es war vielmehr eine gewöhnliche Grippewelle und eine Urlaubsüberakkumulation, die da zusammenkamen. Wie erstere zustande kam, wo hier doch nähere Kontakte meist vermieden werden, wissen nur die Viren selbst. Wahrscheinlich sind die im Moment einfach überall. Da ist es nur verständlich, wenn man für einige Zeit das Weite sucht. Nur waren es leider zu viele Redaktionsmitglieder auf einmal, die vorübergehend ihre Sachen packten. Den Gründen für die Urlaubsüberakkumulationskrise müsste wohl eine interne Untersuchungskommission nachgehen, denn eigentlich gibt es mehrere Pläne, die so etwas verhindern sollen. Aber wer hält sich in einer linksradikalen Wochenzeitung schon an Pläne? Hier ist ja nicht das Neue Deutschland.
Jedenfalls haben es einige Übriggebliebene, die unter einem funktionierenden Immunsystem und fehlenden Reiseplänen litten, doch noch geschafft, eine feine Ausgabe für Sie zusammenzustellen. Eine Kollegin brach dafür extra ihren Urlaub ab. Und ein Lektor musste ungelesener Dinge sogar wieder gehen, weil er überzählig war. Irgendein Plan hatte wohl wieder nicht funktioniert.
Froh sind wir auf jeden Fall, wenn alle Kolleginnen und Kollegen wieder gesund und erholt zurückkommen. Insbesondere freut uns, dass unser Kriegsreporter, von dessen Eindrücken in Rojava Sie auf den Reportage-Seiten lesen können, lebendig von der Front zurückgekehrt ist. Eine banale Grippe ist eben nicht mit jihadistischen Scharfschützen zu vergleichen.
Als wäre dies alles nicht dramatisch genug, rief kurz vor Redaktionsschluss die Druckerei an. Eine Druckmaschine war ebenfalls im Urlaub oder erkrankt und wir mussten die Seiten noch schnell umbauen. Drum finden Sie diesmal die Reportage an ungewohnter Stelle und innen lauter komische lose Blätter. Aber hey, nicht lamentieren! Irgendwie ist es trotzdem so etwas wie eine Zeitung geworden. Mit Tod und Terror, Krieg und Ebola und allem was dazu gehört.