Die Erinnerung an die Opfer des Bürgerkriegs in Spanien

Das Erbe des Franquismus

Auf dem Jarama-Marsch wurde des spanischen Bürgerkriegs und der Opfer der franquistischen Repression gedacht.

Am Wochenende fand in der Nähe von Madrid zum achten Mal der Jarama-Marsch statt. Die von der »Asociación de Amigos de las Brigadas Internacionales« (AABI) organisierte Veranstaltung lockte über 500 Personen ins Jarama-Tal, um auf den Spuren der Internationalen Brigaden zu wandeln, die dort im Frühjahr 1937 zusammen mit der republikanischen Armee gegen die Truppen Francisco Francos kämpften.

Doch erinnerungspolitische Initiativen für die Aufarbeitung des Schicksals der zahlreichen republikanischen Opfer des Bürgerkriegs sowie der franquistischen Repression haben es nicht leicht. Zu dem am häufigsten von konservativen Politikern und Vertretern der katholischen Kirche vorgebracht werden, gehört die Behauptung, dass solche Bemühungen zu nichts anderem als zu einer Wiederbelebung des Klimas des Bürgerkriegs führten. 2007 etwa verabschiedete die sozialdemokratische Regierung das »Gesetz der historischen Erinnerung«, das erstmals die Opfer des Bürgerkriegs und der franquistischen Diktatur anerkannte und öffentliche Hilfe bei der Suche, Identifizierung und Exhumierung von in Massengräbern verscharrten Opfern der franquistischen Repression in Aussicht stellte. Daraufhin kündigte der damalige Vorsitzende des konservativen Partido Popular (PP) und heutige Ministerpräsident Marioano Rajoy an, er werde sich dafür einsetzen, dass keinerlei öffentliche Gelder für das »Zurückholen der Vergangenheit in die Gegenwart« aufgewendet würden.
Ein Gesetzesvorhaben der andalusischen Regionalregierung, bestehend aus Sozialdemokraten (PSOE) und Vereinigter Linker (IU), war somit ein wahres Novum. Die Regionalregierung brachte mit dem »Gesetz der demokratischen Erinnerung Andalusiens« im vorigen Jahr ein regionales Erinnerungsgesetz auf den Weg, das neben einer umfassenden Thematisierung des Bürgerkriegs im Bildungsbereich zudem die Bereitstellung von zehn Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren für die Aushebung von Massengräbern und die Exhumierung der darin Verscharrten beinhaltete. Im Gegensatz zum bereits erwähnten landesweiten Gesetz sollte es hierbei nicht nur um eine symbolische Geste der Versöhnung gehen, vielmehr sollte dem hergebrachten Umgang mit der Geschichte und den Folgen des Bürgerkriegs eine aktive Gedenkpolitik entgegengesetzt werden. Da der PSOE aus Machtkalkül Anfang des Jahres die Koalition mit der IU aufkündigte und Neuwahlen für den kommenden Monat ansetzte, ist es ungewiss, ob das Gesetzesvorhaben von einer danach zu erwartenden Großen Koalition zwischen dem PSOE und dem konservativen PP auch tatsächlich umgesetzt werden wird.

Einen weiteren Anstoß für die öffentliche Debatte lieferte Mitte des Monats der Anwalt Eduardo Ranz Alonso. Er veröffentlichte eine Liste mit den Namen von 38 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern spanischer Städte, denen er vorwirft, gegen die Bestimmungen des Gesetzes der historischen Erinnerung zu verstoßen, da sie ihrer Pflicht, den Franquismus verherrlichende Symbole aus der Öffentlichkeit zu entfernen, nicht nachgekommen seien. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist geschickt gewählt. Nur zwei Monate vor den im ganzen Land stattfindenden Kommunalwahlen stehen die Beschuldigten unter Druck, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Neben einigen sozialdemokratisch regierten Städten befindet sich darunter auch die Hauptstadt Madrid, die seit mehr als 20 Jahren fest in der Hand der Konservativen ist. Dort gibt es Alonso zufolge mit zwölf öffentlichen Relikten des Franquismus – Straßennamen nicht mitgezählt – mit Abstand am meisten zu tun. Bei dem wohl größten dieser Relikte handelt es sich um einen 45 Meter hohen Triumphbogen, der an die gefallenen Franquisten der Schlacht um Madrid Ende 1936 erinnert und an einer der Hauptausfallstraßen der Stadt steht. Wie lange noch, wird nicht zuletzt von der Intensität der nun eröffneten Debatte abhängen.