Home Story

Berlin wirkte seltsam leer an diesem Osterwochenende. Dabei soll die Stadt erneut das beliebteste Oster­reiseziel für Touristen in Deutschland gewesen sein. Auf dem Weg zur Arbeit war man dennoch – ganz ungewohnt – fast allein unterwegs. Auch in der Redaktion bot sich der erschreckende Anblick einer beinahe gähnenden Leere. Die Berliner sollen mittlerweile den Trend zum Kurzurlaub für sich entdeckt haben, in den Zeitungen steht, dass sie »Ruhe im Umland« suchen. Obwohl die Redakteure und Redakteurinnen der Jungle World neuen Trends gegenüber sehr aufgeschlossen sind, scheint das »Umland« weiterhin nicht zu ihren beliebtesten Reisezielen zu gehören. Entweder sie brettern Hunderte von Kilometern in die südlichsten Winkel der Republik, um den lieben Verwandten ihre Aufwartung zu machen und um nach ihrer Rückkehr wochenlang in sehnsuchtsvollen Erinnerungen an die bajuwarische Backkunst zu schwelgen, oder sie steigen gleich gen Zuckerhut in den Flieger. Angesichts von Reisezielen, die in bis zu 10 000 Kilometer Entfernung liegen, steht das Thema Kurzurlaub natürlich gar nicht erst zur Debatte. Während die Berliner im Umland weilten und es die Redakteure und Redakteurinnen dieser Zeitung in die weite Ferne verschlagen hatte, ereignete sich in dieser sich ansonsten kaum christlich präsentierenden Stadt Merkwürdiges. Am Freitagabend konnte man es in der »Tagesschau« sehen: Bilder von einer Karfreitagsprozession, die durch Berlin-Mitte zog. Eigentlich rechnet man mit einer solchen Szenerie eher in Münster, München und am ehesten in Rom. Kurz darauf folgten Berichte über Proteste gegen das Tanzverbot am Karfreitag aus Köln, Trier und Stuttgart. Entweder die Party-Metropole Berlin hat kläglich versagt oder um die katholischen Hochburgen der Republik ist es derzeit nicht allzu gut bestellt. Unter dem Motto »Zum Teufel mit dem Tanzverbot!« tanzte in Köln sogar ein Flashmob munter auf der Domplatte. Hätte Kardinal Joachim Meisner nicht bereits vor gut einem Jahr seinen Abschied eingereicht, hätte er wohl spätestens nach diesem Wochenende seinen Dienst im Kölner Erzbistum quittiert. Vielleicht ist Berlin mittlerweile aber auch für christliche Touristen zum beliebtesten Osterreiseziel geworden und alles geht bald wieder seinen gewohnten Gang. Nur in der Jungle World werden wir noch ein wenig länger auf die Rückkehr zur Normalität warten müssen, schließlich bevorzugen die Mitarbeiter hier keine Trips, sondern richtigen Urlaub.