Nichts ist vergeben

»Alles ist vergeben«. Das war über einer Mohammed-Karikatur auf dem Titelblatt der ersten Charlie Hebdo-Ausgabe nach dem jihadistischen Massaker in Paris zu lesen. Vorige Woche hat die Istanbuler Staatsanwaltschaft Anklage gegen zwei Journalisten der Tageszeitung Cumhuriyet erhoben; viereinhalb Jahre Haft drohen ihnen nun wegen Verletzung religiöser Gefühle, weil sie in ihren Kolumnen die Karikatur nachdrucken ließen. »In unserem mehrheitlich muslimischen Land wäre es unmöglich, die Konsequenzen des Nachdrucks derselben Karikaturen nicht vorherzusehen«, heißt es in der Anklage. Der Kolumnist Burak Bekdil kommentiert sarkastisch: »Hier gesteht der ehrenwerte Staatsanwalt, (…) dass er wohl nicht Personen angeklagt hätte, die Cartoons nachgedruckt hätten, die anderen (minderheitlichen) Bekenntnissen oder dem Atheismus als verletzend gelten würden. Was nebenbei eine alltägliche Trivialität in der Türkei ist, wo die unbegrenzte Ausdrucksfreiheit besteht, alle Bekenntnisse bis auf eines zu beleidigen.«   BB
Rührung brutal
Montage of Heck. 21 Jahre ist es nun her, dass Kurt Cobain, der Sänger der Band Nirvana und der wohl berühmteste Antiheld der Musikgeschichte, sich im Alter von 27 Jahren das Leben nahm. Auf der Höhe seines Ruhms. Seitdem haben sich dermaßen viele Bücher und Filme seinem Leben und Werk gewidmet, dass sich die Frage stellt: Braucht man eine weitere Dokumentation? Verneinen kann diese Frage nur, wer »Montage of Heck« noch nicht gesehen hat. Der Regisseur Brett Morgen erzählt chronologisch von einer unglücklichen Kindheit in Aberdeen, Seattle, dem Durchbruch, Courtney Love, der Geburt der Tochter – und von Zerrissenheit und Depression, die Cobain schließlich verglühen ließen. Nichts Neues. Aber dieses Archivmaterial! Die Tochter von Cobain und Love, Frances Bean Cobain, hat den Film produziert, Morgen hat als erster Regisseur einen umfassenden Zugang zum Nachlass gewährt bekommen. Ist der Film distanzlos? Schon, auf eine Weise. Aber eben auch wunderbar laut und wahnsinnig berührend.   oko
Aus der Mottenkiste
Literarisches Quartett. Harald Schmidt kann alles. Und wer alles kann, für den sollte das bisschen Gequatsche in einer Literatursendung im ZDF kein Problem sein. Selbst wenn es sich um ein Format handelt, dem man Kultstatus nachsagt. Dem Spiegel zufolge soll das Literarische Quartett noch in diesem Herbst wiederbelebt werden. Ob mit oder ohne Schmidt – der sei zwar angetan, habe sich jedoch noch nicht zu einer Entscheidung durchringen können. Programmdirektor Norbert Himmler rede derzeit noch mit Autoren, Verlegern und Literaturkritikern, wer mit von der Partie sein werde. Ob die Sendung nach dem alten Muster gestrickt werde, wurde bislang nicht bekanntgegeben. Marcel Reich-Ranicki, der Erfinder der Sendung, hatte zu einer Dreierrunde jeweils einen Gast eingeladen – denkbar sei es, dieses Mal ein festes Quartett zu benennen. Das Literarische Quartett lief von 1988 bis 2001 im ZDF und erreichte in der Spitzenzeit bis zu 1,5 Millionen Zuschauer.   oko
Rüpelhaft
Justin Bieber. »Wir bitten Interpol um die Festnahme von Justin Bieber – und zwar überall auf der Welt«, sagte eine argentinische Justizbeamtin der Nachrichtenagentur AFP. Vorbei sind die skandalfreien Zeiten: Bieber geriet in den vergangenen Wochen wiederholt in Konflikt mit dem Gesetz, verwüstete Hotelzimmer, warf Eier auf das Haus eines Nachbarn, nahm an Straßenrennen teil und tat sicherlich noch viele andere Dinge, die sein Leben angenehmer machten. In Argentinien soll er 2013 einen Leibwächter angewiesen haben, gewaltsam gegen einen Fotografen vorzugehen. Der Vorladung zur Anhörung war er nicht gefolgt. »Da er nicht zur Aussage erschien, fordern wir seine Festnahme«, sagte eine Mitarbeiterin des zuständigen Richters.   oko