Paradies Rüdi

Rüdesheimer Straße. Die meisten Berliner kennen sie nicht. Rüdesheimer Straße, nie gehört. Während sich das hippe Volk auf der Kastanienallee oder der Bergmannstraße gegenseitig auf die Füße tritt, ist in der Rüdesheimer Straße nicht viel los. Dennoch oder gerade deshalb ist die zum Stadtteil Wilmersdorf gehörende Rüdesheimer Straße von der New York Times zum schönsten Ort Berlins und zu einem der zwölf schönsten Kieze in Europa erklärt worden. Zu den Sehenwürdigkeiten gehört die Brunnenanlage auf dem Platz mit der Skulptur »Siegfried, der Rosslenker«, das historische Toilettenhäuschen »Cafe Achteck« sowie die um 1910 im englischen Landhausstil gebauten Wohnhäuser. Der Liedermacher Manfred Maurenbrecher widmete dem »Rüdi« ein Lied, ansonsten wird dem Kiez keine Beachtung geschenkt. Wär’ gut, wenn das so bleibt. Lohnt auch nicht. Im Park werden keine Drogen verkauft, in den wenigen Cafés gibt es keine Soja-Latte und der nächste Club ist der Steglitzer Fußball-Club Stern 1900 in der Kreuznacher Straße.   her
Bessere Filme
Partisaninnen. Wieso um Himmels Willen sollte man seine Zeit mit lausigen Filmen wie »Big Eyes« des einstmals so visionären Regie-Stars Tim Burton verschwenden, wenn in dem klitzekleinen Kino um die Ecke ein so gelungener Dokumentarfilm wie »Geschenkt wurde uns nichts« von Eric Esser gezeigt wird? Esser hat sich der Beteiligung italienischer Frauen am Kampf gegen den Faschismus gewidmet und lässt drei Protagonistinnen über ihre Erlebnisse erzählen. Eine von ihnen ist Annita Malavasi, die sich 1943, als deutsche Truppen Italien besetzten, im Alter von 22 Jahren den Partisanen anschloss. In den Bergen des Apennin bewegte sie sich über ein Jahr lang zwischen den kämpfenden Einheiten, transportierte Waffen, überbrachte Informa­tionen, nahm selbst an Gefechten teil und musste sich immer wieder auch gegenüber den Männern in den Bergdörfern behaupten. Esser hat seine Protagonistinnen ausführlich zu Wort kommen lassen, der Film ist das Porträt beeindruckender Persönlichkeiten.   oko
Heikle Absage
Charlie Hebdo. Wozu sind Universitäten eigentlich gut? Und wofür stehen sie? Für Aufklärung, öffentliche Diskussion, Meinungsfreiheit und Austausch des akademischen Milieus mit der Realität offensichtlich nicht. Zumindest drängt sich dieser Eindruck auf, blickt man dieser Tage nach Belfast. Patrick Johnston, der Vizekanzler der Queen’s University Belfast, sorgte sich nicht nur um die Sicherheit seiner Institution, sondern auch um deren Ruf – und griff zum letzten Mittel, um seinen Elfenbeinturm sauber zu halten: Absagen, dieses unliebsame Symposium über die Folgen des Massakers bei Charlie Hebdo! »Understanding Charlie: New perspectives on contemporary citizenship after Charlie Hebdo«, ein Symposium, zu dem das Institute for Collaborative Research in the Humanities Akademiker und Intellektuelle eingeladen hatte, wird also nicht stattfinden. Was aber selbstverständlich nichts mit der Freiheit der Lehre an der Universität zu tun habe. Mit der Bewahrung des Rufs der Universität allerdings auch nicht.   oko
Besser Parken
Verkehrsschild. »Obacht, diese Gegend ist so gefährlich, dass Männer und Frauen angelaufen kommen und ihr Auto zersägen!« Nein, das kann es nicht bedeuten. Dann vielleicht: »Wenn das Auto zerbricht, zerbricht auch die Beziehung«? An anderer Stelle vermutet jemand: »Das Auto ist aus einem James-Bond-Film und teilt sich je nach Fahrtziel in zwei Hälften.« Wie soll man ohne Knöllchen durch Deutschlands Großstädte kommen, wenn Alexander Dobrindt (CSU) den Verkehr mit Schildern dieser Art regeln will? Im kommenden Jahr soll das kryptische Teil in 490 Städten platziert werden. Ach, »Parkplatz für Carsharing-Kunden« soll es übrigens bedeuten.   oko