Der »Zwischentag« in Erlangen

Eine geschlagene Verbindung

Der »Zwischentag« findet am Samstag in Erlangen statt. Die wichtigste deutsche Messe der Neuen Rechten schrumpft auch in diesem Jahr – trotz der Beteiligung neonazistischer Aussteller.

Unbekannte griffen Anfang Juni das Haus der Burschenschaft Frankonia in Erlangen mit Farbbeuteln an. Die selbsternannte künftige nationale Elite vermutet, dass der Angriff mutmaßlicher »linksextremistischer Straftäter« der »Einschüchterung des Vermieters und der Gäste oder gar der Verhinderung« des »Zwischentages« dienen soll, wie aus einem »offenen Brief« der Burschenschaft an die Grüne Liste im Stadtrat Erlangen hervorgeht. Das Who-is-Who der Neuen Rechten in Deutschland möchte sich am Samstag zum vierten Mal zu dieser Messe treffen, die sich den Themen »Geopolitik und Einwanderung« widmen soll. 14 Zeitschriften und Organisationen präsentieren sich auf der Veranstaltung, vergangenes Jahr waren es noch über 20. Das Haus der Burschenschaft Frankonia bietet zudem nur für 200 Teilnehmer Platz. Beim ersten »Zwischentag« 2012 in Berlin waren noch über 700 gekommen.

Götz Kubitschek, der sich unter anderem als Geschäftsführer des Hausverlags des Instituts für Staatspolitik, der Edition Antaios, für die »ethnische Kontinuität« der Deutschen starkmacht und als verantwortlicher Redakteur die Linie der Zeitschrift Sezession bestimmt, hatte die Messe gegründet. Inzwischen hat sein Zögling Felix Menzel deren Organisation übernommen. Der 29jährige ist Herausgeber und Chefredakteur der Chemnitzer Online-Zeitschrift Blaue Narzisse, die sich als Unterstützerin der Pegida-Demonstrationen in Dresden hervorgetan hat. Er ist auch Vorsitzender des Vereins »Journalismus und Jugendkultur Chemnitz«, der als Veranstalter des »Zwischentags« auftritt.
Derzeit widmet sich Menzel unter anderem der Website einwanderungskritik.de, auf der er auch sein Buch »Die Ausländer. Warum es immer mehr werden« bewirbt. Außerdem gilt er als eine Führungsfigur der »Identitären Bewegung« in Deutschland, Aufkleber der Gruppe gab es bereits im Online-Shop der Blauen Narzisse zu erwerben. In zumindest öffentlicher Abgrenzung vom Neonazismus verstehen sich Neurechte wie Kubitschek und Menzel als Nationalkonservative, die sich vor allem auf Vertreter der antiliberalen, antidemokratischen und antiegalitären »Konservativen Revolution« aus der Zeit der Weimarer Republik beziehen.
Für den »Zwischentag« haben sich aber auch Aussteller aus dem neonazistischen Milieu angekündigt. Der Verein »Gedächtnisstätte« ist ein Überbleibsel des Vereinsgeflechts um das »Collegium Humanum«, das unter anderem wegen Holocaust-Leugnung verboten wurde. Auf einem Rittergut in Thüringen widmet sich die »Gedächtnisstätte« der Erinnerung an die »deutschen Opfer des Zweiten Weltkrieges durch Bomben, Verschleppung, Vertreibung und in Gefangenenlagern«. Mit Umwelt & Aktiv präsentiert sich auf der Messe ein bundesweit erscheinendes Magazin, das aufzeigen möchte, »wie Tierschutz und Umweltschutz für fremde Interessen und Interessenten, die im Verborgenen agieren, zum Nachteil unserer Heimat und unseres Volkes instrumentalisiert werden«. Etliche Autoren sind oder waren in der NPD, der bayerische Verfassungsschutz bezeichnet Umwelt & Aktiv als NPD-Tarnzeitschrift. Im Rahmenprogramm des »Zwischentags« spricht unter anderem auch Peter Feist, Autor des Magazins Compact und Neffe von Erich Honecker, der auf einer sogenannten Friedensmahnwache im Oktober 2014 »nationalen Sozialismus« und »Knast für Journalisten« forderte.
Die Burschenschaft Frankonia, Gastgeberin der Messe, gilt als umtriebigste rechte Gruppe in Erlangen. Regelmäßig veranstaltet der pflichtschlagende Männerbund Vorträge mit illustren Persönlichkeiten wie dem ehemaligen 68er und NPD-Sympathisanten Bernd Rabehl, dem revisionistischen Autoren Olaf Rose und dem Liebling der bürgerlichen Rechten, Akif Pirinçci. Aufsehen erregte die Burschenschaft zuletzt mit dem Versand einer sogenannten Couleurkarte an die Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf, die mit Aussagen wie »Lieber tot als rot« oder »Es lebe das heilige Deutschland!« verziert war.
Das Haus der Frankonia befindet sich nur 100 Meter vom Audimax der Friedrich-Alexander-Universität entfernt, schon ab 65 Euro Warmmiete können Studenten dort ein Quartier beziehen. Lange war die Frankonia auf der Webpräsenz der Universität verlinkt. Organisiert ist die Verbindung in der Interessengruppe der Burschenschaftlichen Gemeinschaft, aus deren Reihen in der Vergangenheit gefordert wurde, Vorraussetzung zur Aufnahme in die Dachorganisation Deutsche Burschenschaft müsse eine »deutsche Abstammung« sein. Die Deutsche Burschenschaft wird ebenfalls mit einem Stand auf der Messe vertreten sein.
Zahlreiche Organisationen haben Protest gegen den »Zwischentag« angekündigt. Die »Aktion Courage Erlangen« umfasst von der DKP über die Grünen bis zur CSU beinahe alle Parteien. Gewerkschaften, die Studierendenvertretung, christliche Kirchen, muslimische Organisationen und die Stadt Erlangen sind ebenso Teil des Bündnisses, das »für Toleranz und Demokratie« und »gegen Gewalt und Rassismus« wirbt. Mit einem Kulturprogramm am Schlossplatz und einem bunten Straßenfest möchten die protestierenden Organisationen einen »Tag der Aufklärung« veranstalten.
»Wir wollen nicht ›gute Bürger gegen böse Nazis‹ spielen. Nazis kommen aus dieser Gesellschaft. Wir verabschieden uns von einer Volksidee, die sich zusammenschließt gegen die bösen Ränder«, sagt Martin R.* vom antifaschistischen Bündnis »Den Nationalen Konsens durchbrechen« im Gespräch mit der Jungle World. »Die Stadt ist Teil des Problems, sie hofiert Burschenschaften, indem sie zum Beispiel städtischen Grund zur Verfügung stellt. Es herrscht ein Klima, in dem Burschenschaften schon problemlos solche Veranstaltungen wie den ›Zwischentag‹ durchführen konnten«, fügt Nico S.* hinzu, der ebenfalls dem Bündnis angehört.

Am Tag nach der neurechten Messe findet in Erlangen der »Tag der Franken« unter dem Motto »Fremde in Franken« statt. »Die historische Hugenottenstadt Erlangen bietet mit ihrer internationalen Ausrichtung den idealen Veranstaltungsort«, sagte der Bezirkstagspräsident Richard Bartsch (CSU) in der Bayerischen Staatszeitung. »Die Teilnahme der Stadt an den Gegenprotesten ist auch ein Imageding. Der ›Zwischentag‹ passt einfach nicht in das Konzept«, so Nico S. Das antifaschistische Bündnis ruft zu einer Kundgebung um 8.30 Uhr vor dem Haus der Frankonia auf. Der »Zwischentag« dürfte nicht ohne hörbaren Widerspruch verstreichen.

*vollständige Namen der Redaktion bekannt