Familienwerte

Vor zwei Jahren konnten sich viele auf das Album »6 Feet Beneath the Moon« von Archy Marshall alias King Krule einigen: Der damals 19jährige Südlondoner klang wie die Wiedergeburt von Gene Vincent, Fela Kuti und Frank Sinatra als elektronifizierte Singer-/Songwriter, stilsicher abgeschmeckt mit Blueselementen und Samplingschnipseleien. Archys jüngstes Projekt, nachdem er bereits als Zoo Kid, Edgar the Beatmaker oder DJ JD Sports musikalisch äußerst unterschiedlich in Erscheinung trat, ist eine Kooperation mit seinem Bruder: Jack & Archy Marshall.
»A New Place 2 Drown« heißt das Paket und besteht aus Album, Buch und einem Kurzfilm, in dem die beiden durch London stromern, von ihrer Mutter die Haare geschnitten bekommen und ostentativ kiffen. Ob die hippiesken family values für die geschwisterliche Kreativität verantwortlich sind, lässt sich nur vermuten. Das Album zeigt jedenfalls weitere musikalische Facetten Marshalls: klackernde Beats im dunklen Elektrogewand, Jazzelemente, Wortfetzen, knarziger Dub, Telefonklingeln. Keine Hooks oder Punchlines, ab und zu entspannter HipHop-Flow, Gastvocals von Jamie Isaac und immer wieder brotherhood: »Arise Dear Brother« oder »Dull Boys« thematisieren die enge Beziehung von Jack & Archy, die ihrer Mutter Marshall zufolge wie »zwei Seiten einer Medaille« seien. Intro- (Jack) vs. extrovertiert (Archy), zusammen cool und abgehangen. Man muss davon ausgehen, dass Archy bereits seine nächste Inkarnation vorbereitet.

Jack & Archy Marshall: A New Place 2 Drown (XL Recordings/Beggars)